Beurteilung des Target Costing

Die kritische Beurteilung des Target Costing zeigt eine Reihe von Vor- und Nachteilen im Zusammenhang mit der Realisation des Konzeptes zum Zielkostenmanagement. Lernen Sie nachfolgend die einzelnen Aspekte kennen, um das Target Costing zur Steigerung der Kosteneffizienz – insbesondere während der Produktentwicklung – sinnvoll einzusetzen.

Grundsätzliche Vorteile des Target Costing

  1. Sicherlich positiv zu beurteilen ist die strikte Marktorientierung des Zielkostenmanagements. Die Einbeziehung der Kundenpräferenzen leistet einen wichtigen Beitrag zum unternehmerischen Marketing und erhöht die Marktchancen und die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Produkte und fördert die kundengerechte Produktgestaltung. Auf diese Weise sind marktfähige Produkte wesentlich wahrscheinlicher, denn das Produkt muss letztlich dem Kunden gefallen. Allerdings setzt diese Herangehensweise auch voraus, dass die Kundenpräferenzen bekannt sind und Sie das Konzept des Market Into Company umsetzen.
  2. Positiv sind ebenfalls die klaren Zielvorgaben hinsichtlich der Kosten (auf Basis der Preisfestlegung) für die Produktentwicklung herauszustellen, die von den verantwortlichen Abteilungen und Mitarbeitern einzuhalten sind. Auf diese Weise sind Produkte zu erwarten, deren Preise ein Kunde auch zu zahlen bereit ist. Dies gilt insbesondere beim Einsatz des Market Into Company-Konzeptes. Dagegen ist dieser Vorteil verwässert, falls Sie andere Varianten zur Zielkostenfindung nutzen.
  3. Target Costing zwingt zu systematischen Anstrengungen zur Kostensenkung. Dabei geht es nicht um undifferenzierte Maßnahmen, sondern die Kostensenkung steht im Zusammenhang mit den Marktanforderungen durch den Kunden. Dadurch wird eine zielgerichtete Kostenbeeinflussung möglich. Die Zielgerichtetheit ergibt sich, da das Produkt direkt an den Kundenwünschen zu messen ist. Auf diese Weise kann das Unternehmen die eigene Produktentwicklung im Hinblick auf die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unterstützen.

Zuschlagskalkulation und Zielkostenkalkulation zur Beurteilung des Target Costing

Marktorientierung des Zielkostenmanagements

Die Marktorientierung des Zielkostenmanagements wird besonders deutlich, wenn Sie sich das Verfahren Market-into-Company zur Zielkostenermittlung vor Augen führen. In diesem Fall ermittelt man die Produkt-Zielkosten ausgehend vom erwarteten Marktpreis eines Produktes, d.h. eine produktbezogene Preisfestlegung ist voranzustellen. Diese Vorgehensweise funktioniert am besten, wenn es bereits vergleichbare Produkte am Markt gibt, deren Preise Sie beobachten können. Wenn Sie zum Beispiel Haushaltsgeräte herstellen und einen neuen Toaster auf den Markt bringen wollen, bei dem Sie im Rahmen der Produktentwicklung viel Wert auf das Design des Geräte legen wollen, weil Sie Kunden ansprechen, die Design sehr schätzen, dann finden Sie hier bereits einige Produkte im Markt, an denen Sie sich orientieren können.

Anders sieht es aus, wenn Ihr Produkt derart innovativ ist, dass es keine vergleichbaren Produkte am Markt gibt. Dann bleibt Ihnen für das Zielkostenmanagement keine andere Möglichkeit, als Befragungen bei potenziellen Kunden durchzuführen, wenn Sie das Market-into-Company-Konzept verfolgen wollen. Natürlich können Sie stattdessen auch mit Hilfe von Out-of-Company die Zielkosten bestimmen. Allerdings geht Ihnen dann der starke Marktbezug verloren.

Klare Zielvorgaben beim Target Costing

Wenden Sie die Zielkostenrechnung konsequent an, dann können Sie aus Ihren Rechnungen klare Zielvorgaben (auch für die Produktentwicklung) ableiten. Wenn Ihr Kunde nur bereit ist, einen bestimmten Marktpreis zu bezahlen, dann können Sie daraus eine eindeutige Zielvorgabe für Ihre Produktkosten ableiten. Sollten Sie darüber hinaus feststellen, dass bestimmte Produkteigenschaften besonders wichtig für Ihre Zielgruppe sind, dann können Sie auch bei Ihrer Produktentwicklung auf diese Produkteigenschaft fokussieren. Damit erlangen Sie letztlich eine klare Vorstellung davon, was wirklich wichtig ist und worauf Sie eher verzichten können. Muss ein Toaster wirklich smart sein und sich mit dem Internet verbinden lassen? Technisch ist das möglich, aber ist der Kunde auch bereit, die dafür entstehenden Zusatzkosten zu tragen?

Kostensenkung durch Anwendung der Zielkostenrechnung

Wenn Sie das Target Costing anwenden, lernen Sie viel über Ihre Zielgruppe. Insbesondere können Sie besser nachvollziehen, warum ein Kunde ein bestimmtes Produkt kauft und warum er ein anderes nicht kauft. So lernen Sie die Erwartungshaltung der Kundengruppe besser kennen und können sich an ihr orientieren.

Diese Erkenntnisse sind sehr wichtig. Denn so können Sie auf alle Produkteigenschaften verzichten, die vom Kunden eher nicht nachgefragt werden. Und das hilft Ihnen dabei, die Produktkosten zu reduzieren.

Letztlich machen Sie Ihre Produkte aber nicht einfach nur billiger. Es kann durchaus sein, dass Sie aus dem Zielkostenmanagement heraus lernen, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die Ihrer Kundengruppe besonders wichtig sind. Und so müssen Sie Ihr Produkt vielleicht verbessern, um den Erwartungen der potenziellen Käufer besser entsprechen zu können. Dadurch wird das Produkt dann vielleicht sogar teurer. Entscheidend ist aber, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Und dabei hilft Ihnen das Target Costing bestimmt.

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Negative Beurteilung des Target Costing

  1. Problematisch sind die subjektiven Festlegungen bzgl. der Produktfunktionen, deren Gewichtung sowie der Festlegung des Ausmaßes, mit dem die Komponenten die Funktionen erfüllen. Wer kann schon wirklich sagen, mit wieviel Prozent ein Blinklicht zur Sicherheit eines Autos beiträgt? Gerade diese Bestimmungen sind aber notwendig, da ansonsten die Zielkosten des Produktes nicht auf die Komponenten heruntergebrochen werden können.
  2. Der Aufwand der Ermittlung der Zielkostenanteile kann bei komplexen Produkten mit einer Vielzahl von Funktionen und Komponenten sehr aufwendig sein. Deshalb wird die Methode teilweise auch für eher einfache Produktkonstruktionen empfohlen. Hinzu kommt, dass der Prozess mehrfach durchlaufen werden muss. Da nach jeder Durchführung sich die Produkteigenschaften ändern können, muss stets eine erneute Abfrage der Kundeneinschätzungen erfolgen. Somit ist ein durchdachtes Projektmanagement zur Umsetzung des Zielkostenmanagements erforderlich.
  3. Es existiert ein hoher Koordinationsaufwand (Abstimmung der Bereiche Marketing, F & E sowie Finanzen/Rechnungswesen), da unterschiedliche Unternehmensbereiche zusammen kommen müssen und gemeinsam eine konsenzfähige Lösung erarbeiten müssen. Und dieser Koordinationsaufwand führt letztlich auch zu hohen Projektkosten, da meist viele Mitarbeiter in den Target Costing Prozess eingebunden sind.

Somit sind zu Beurteilung des Target Costing zahlreiche vorteilhafte und nachteilige Aspekte zu berücksichtigen. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass die Methodik in der Praxis erprobt und beliebt ist. Somit überwiegen aus Sicht der Anwender die Vorteile.

Subjektivität beim Zielkostenmanagement

Tatsächlich ist die Methodik nicht frei von subjektiven Entscheidungen. So müssen Ihre Käufer beispielsweise bewerten, welche Pordukteigenschaften ihnen wichtig sind und vor allem auch, wie wichtig sie sind. Viele Kunden sind hier bei einer Befragung schlichtweg überfordert. Letztlich muss man auf die Schwarmintelligenz vertrauen, das heißt darauf, dass Sie bei der Befragung der Kundengruppe durchschnittlich aussagekräftige Antworten erhalten.

Großer Aufwand bei Target Costing-Projekten

Letztlich ist die Umsetzung der Zielkostenrechnung ein aufwendiges Projekt. Sie benötigen nicht nur einen aussagefähigen Prototypen Ihres Produktes, sondern Sie müssen auch mehrstufige Marktanalysen durchführen. Denn auf Basis der Ergebnisse einer jeden Analyse werden Sie wieder an Ihrem Produkt arbeiten und es verbessern. Mit den Produktveränderungen gehen aber auch andere Einschätzungen zum Produkt Ihrer Zielgruppe einher. Und diese führen dann zu weiteren Überarbeitungen Ihres Prototypen. Schließlich brechen Sie diesen Zyklus irgendwann einmal an und legen fest, dass die dann vorliegenden Produkteigenschaften diejenigen sein sollen, mit denen Sie in den Markt gehen, so dass die Produktentwicklung zum Ende kommt.

Notwendigkeit zur Koordination

Wenn Sie sich dazu entscheiden, ein Zielkostenmanagement durchzuführen, werden Sie ein Team zusammenstellen müssen, das unterschiedliche Experten vereint. Das bringt viel Koordinationsaufwand mit sich. So benötigen Sie einerseits Produktentwickler. Das sind oftmals Ingenieure, die das technische Wissen mitbringen, damit das Produkt auch hergestellt werden kann. Allerdings brauchen Sie auch einen Produkt-Designer. Denn ein Produkt muss nicht nur funktionieren. Vielmehr muss es in den meisten Fällen auch ansprechend aussehen.

Darüber hinaus sollten Vertriebler in das Team integriert sein. Selbstverständlich benötigen Sie jemanden, der den Markt und die Zielgruppe gut kennt und im Projekt die Informationen zum erwarteten Konsumentenverhalten bereitstellen und auch erklären kann. Möglicherweise wird der Vertriebler von einem Marketing-Experten unterstützt. Im Unterschied zum Vertrieb bereitet das Marketing den Markt auf das Produktangebot vor. Zentral ist es dabei, Interesse an Produkt zu entwickeln – sei es beim letztlichen Kunden oder bei einem Zwischenhändler.

Und dann brauchen Sie sicherlich auch einen Experten für Kostenrechnung und/oder Controlling. Er hält das Team zusammen und achtet darauf, dass nicht einfach das beste Produkt der Welt entwickelt wird, sondern eines, das sich auch bezahlen lässt. Somit ist der Blick auf die Kosten auch wichtig für den gesamten Erfolg des Target Costing-Projektes.

Wenn so viele Mitarbeiter zusammenkommen, dann braucht es Koordination. Und die macht Arbeit.

Zukunft des Target Costing

Trotz all der Mühen und Arbeit, die mit dem Zielkostenmanagement verbunden sind: In der Zukunft ist sogar mit einem weiteren Schub für das Target Costing zu rechnen. Dies ist damit zu begründen, dass auch die Dienstleistungsbranche immer stärker das Zielkostenmanagement entdeckt. Denn die Beurteilung des Target Costing zeigt, dass mit dem Zielkostenmanagement vor allem marktfähige Produkte und Leistungen zu gestalten sind. Und diese benötigt auch der Dienstleistungssektor.

Allerdings ist es oftmals eine große Herausforderung, eine Dienstleistung in Komponenten zu spalten. Dabei geht es vor allem darum, eine Gesamt-Dienstleistung im mehrere Teil-Dienstleistungen zu zerlegen. So kann das Konzept des Target Costing dann auch auf diese Unternehmen übertragen werden. Beispielhaft sei hier der Friseurbesuch genannt. Denn diese Branche wendet unbewusst (und auch ein wenig strukurlos) das Zielkostenmanagement schon lange an. So gibt es nicht den einen Friseurbesuch. Vielmehr können Sie sich dort ihr Produkt genau in der Weise zusammenstellen, wie Sie es benötigen: Mit oder ohne Haarewaschen, mit oder ohne Färben, mit oder ohne Haarspray etc. Und letztlich zahlen Sie nur das, was Sie auch gebucht haben. Somit setzt das Friseur-Handwerk die Idee des Target Costing längst um. Denn es gestaltet sein Leistungsangebot auf Basis (kostenbasierter) Kundenwünsche.

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