Degressionseffekt – Prozesskostenrechnung

Der Degressionseffekt im Rahmen der Prozesskostenrechnung wird ersichtlich, wenn man die Verteilung der Gemeinkosten bei der Prozesskostenrechnung mit derjenigen der Zuschlagskalkulation einer klassischen Kostenträgerstückrechnung vergleicht. Letztlich handelt es sich um eine unterschiedliche Kostenbewertung aufgrund einer sich unterscheidenden Verrechnungssystematik.

Degressionseffekt vs. Fixkostendegression

Damit unterscheidet sich der Degressionseffekt in der Prozesskostenrechnung bereits vom Ansatz der klassischen Fixkostendegression.

Die Zuschlagskalkulation ist eine bekannte Kalkulationsmethode der Kostenträgerrechnung einer traditionellen Kosten- und Leistungsrechnung. Zum Beispiel kommt sie häufig in der Form der Maschinenstundensatzrechnung zur Anwendung.

Verrechnung von Gemeinkosten in der Zuschlagskalkulation

Nutzen Sie die Zuschlagskalkulation zur Kostenbewertung, dann wird aufgrund der proportionalen Gemeinkostenkostenzuordnung ein konstanter Gemeinkostenprozentsatz pro Stück verrechnet. Im Fallbeispiel, das Sie unten sehen, wird dieser Zuschlagssatz 189 Prozent auf die Materialeinzelkosten betragen. Somit bleibt hier der Degressionseffekt aus, da der verrechnete Kostensatz immer prozentual gleich hoch ist, unabhängig davon, wie groß der Einsatz der Produktionsfaktoren tatsächlich ist. 

Die Praxis sieht jedoch anders aus, als in der Zuschlagskalkulation verankert ist. Denn die Prozesskosten pro Stück für bspw. die Abwicklung von Bestellvorgängen verringern sich mit steigenden Stückzahlen, weil die gesamten Prozesskosten in der Regel unabhängig von der Stückzahl sind. Zumindest ist das als Regelfall anzunehmen. Denn in den meisten Fällen macht es keinen Unterschied, ob Sie von einer Materialart 100 Kilogramm oder 200 Kilogramm bestellen. Der Bestellprozess sollte in beiden Fällen identisch verlaufen. Somit sind dann auch die Beschaffungsgemeinkosten in beiden Fällen identisch. Wenn Sie nun die gleichen Beschaffungsgemeinkosten auf eine höhere Bestellmenge verteilen können, zeigt sich der Degressionseffekt. Dies macht auch das folgende Beispiel deutlich:

Beispiel zum Degressioneffekt

Degressionseffekt Prozesskostenrechnung(Literaturhinweis mit einem Link zu Amazon: Coenenberg, Adolf G.; Fischer, Thomas M.; Günther Thomas: Kostenrechnung und Kostenanalyse, 6. Auflage, Stuttgart, Schäfer/Poeschel, 2007: Tabelle aus Abbildung 4.18, S. 148., Kostenrechnung und Kostenanalyse)

Degressionseffekt und die Gemeinkosten pro Stück

Mit dem Degressionseffekt bezeichnet man somit die Situation, dass mit steigenden Stückzahlen die Gemeinkosten pro Stück sinken, wenn die Prozesskostenrechnung anstatt der klassischen Zuschlagskalkulation zum Einsatz kommt. In der traditionellen Kosten- und Leistungsrechnung sind bei der Kostenkalkulation die Materialkosten unabhängig von der Stückzahl konstant. Denn man verrechnet einen einheitlichen Zuschlagssatz (im Beispiel 189%) auf Basis des Durchschnittsprinzips oder des Tragfähigkeitsprinzips zur Kostenverrechnung. Jedoch zeigt sich im Prozesskostenmanagement der Degressionseffekt deutlich. Mit zunehmender Stückzahl führen die konstanten Fixkosten zu immer geringeren Fixkosten pro Stück und somit zu sinkenden Materialstückkosten in der Kostenkalkulation. Und Fixkosten sind die Haupt-Ursache für die Entstehung von Gemeinkosten. Genau dies sollte der Realität auch viel eher entsprechen als der Ansatz der klassischen Zuschlagskalkulation. Somit unterscheidet sich die Kostenbewertung im Prozesskostenmanagement deutlich von der Kostenbewertung in klassischen Kostenrechnungssystemen.

Degressionseffekt – Allokationseffekt – Komplexitätseffekt

Neben dem Degressionseffekt sind bei Anwendung der Prozesskostenrechnung auch noch der Allokationseffekt und der Komplexitätseffekt zu beachten. Diese beiden Effekte sind an dieser Stelle entsprechend verlinkt. Letztlich unterscheiden sich die Kalkulationsergebnisse einer Prozesskostenrechnung von denjenigen der üblichen Kostenkalkulation sehr deutlich. Dies lässt sich vor allem damit begründen, dass der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten in vielen Unternehmen recht hoch ist. Und das wird sich voraussichtlich in absehbarer Zukunft auch eher nicht ändern, zumal die zunehmende Digitalisierung in der Industrie höhere Fixkostenanteile an den Gesamtkosten erwarten lässt.

Fassen wir unsere Erkenntnisse noch einmal zusammen und ergänzen wir sie noch um weitere Aspekte:

Was ist der Degressionseffekt?

Der Degressionseffekt, auch als Kostendegression oder Skaleneffekt bezeichnet, beschreibt das Phänomen, bei dem die durchschnittlichen Stückkosten (Kosten pro Einheit) abnehmen, wenn die Produktionsmenge erhöht wird. Mit anderen Worten, je mehr Einheiten eines Produkts oder einer Dienstleistung produziert werden, desto niedriger werden die durchschnittlichen Stückkosten.

Der Degressionseffekt steht im Gegensatz zum Progressionseffekt, bei dem die durchschnittlichen Stückkosten steigen, wenn die Produktionsmenge zunimmt. In der Praxis ist der Degressionseffekt weit verbreitet und ein wichtiges Konzept in der Kostenrechnung und im Kostenmanagement.

Ursachen des Degressionseffekts

Der Degressionseffekt hat verschiedene Ursachen, die die Verringerung der durchschnittlichen Stückkosten erklären. Schauen wir uns nun einige der Hauptursachen an:

1. Fixkostendegression

Ein großer Teil der Kosten in Unternehmen sind Fixkosten, die unabhängig von der Produktionsmenge gleich bleiben, wie beispielsweise Mietkosten, Gehälter der Verwaltungsmitarbeiter oder Abschreibungen auf Maschinen. Wenn die Produktionsmenge steigt, werden diese Fixkosten auf eine größere Anzahl von Einheiten verteilt, was zu einer Verringerung der durchschnittlichen Stückkosten führt.

2. Lerneffekte und Erfahrungskurven

Je mehr Einheiten eines Produkts hergestellt werden, desto erfahrener und effizienter werden die Mitarbeiter in der Produktion. Dies führt zu einer Steigerung der Produktivität und einer Reduzierung der Herstellungszeiten. Die Erfahrungskurveneffekte tragen dazu bei, die Arbeitskosten zu senken und somit die durchschnittlichen Stückkosten zu reduzieren.

3. Mengenrabatte bei Einkäufen

Unternehmen können häufig Mengenrabatte von Lieferanten erhalten, wenn sie größere Mengen von Rohstoffen oder Komponenten kaufen. Dies senkt die Beschaffungskosten pro Einheit und trägt zur Kostendegression bei.

4. Automatisierung und Technologie

Die Investition in Automatisierung und moderne Technologien kann die Effizienz und Präzision in der Produktion steigern. Mit steigender Automatisierung können die Personalkosten pro Einheit reduziert werden, was zur Senkung der durchschnittlichen Stückkosten beiträgt.

Auswirkungen des Degressionseffekts

Der Degressionseffekt hat mehrere wichtige Auswirkungen auf Unternehmen und ihre Wirtschaftlichkeit:

1. Wettbewerbsfähigkeit steigern

Durch die Senkung der durchschnittlichen Stückkosten können Unternehmen wettbewerbsfähigere Preise für ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Dies ermöglicht es ihnen, Marktanteile zu gewinnen oder zu halten.

2. Gewinnmargen erhöhen

Eine Reduzierung der durchschnittlichen Stückkosten führt zu höheren Gewinnmargen. Dies ermöglicht es Unternehmen, mehr Gewinn pro verkaufte Einheit zu erzielen.

3. Expansion und Wachstum ermöglichen

Der Degressionseffekt kann Unternehmen in die Lage versetzen, kostengünstiger zu produzieren, Waren preiswerter anzubieten und somit mehr Ressourcen für Investitionen in Expansion und Wachstum freizusetzen.

4. Kostentransparenz und Budgetierung

Unternehmen können den Degressionseffekt nutzen, um genauere Budgets zu erstellen und die Kostenentwicklung besser zu prognostizieren, indem Sie die Kenntnisse der Zusammenhangs von Produktionsmenge und Kostenentstehung nutzen.

Beispiele für den Degressionseffekt

Um den Degressionseffekt besser zu verstehen, werfen wir einen Blick auf einige Beispiele aus verschiedenen Branchen:

1. Degressioneffekt in der Automobilindustrie

In der Automobilproduktion sind die Kosten für die Herstellung eines bestimmten Automodells am Anfang hoch. Mit zunehmender Produktion und Erfahrung in der Herstellung sinken die Kosten pro Einheit. Dies ermöglicht es Automobilherstellern, wettbewerbsfähige Preise anzubieten. Da wir in der Automobilindustrie vor allem Massenprodukte vorfinden, greift der Degressionseffekt hier über (fast) alle Hersteller und Modelle hinweg.

2. Elektronikbranche

Die Elektronikindustrie ist bekannt für den raschen technologischen Fortschritt und die kontinuierliche Senkung der Stückkosten für Produkte wie Smartphones und Computer. Dies resultiert aus den Erfahrungskurveneffekten und den Fortschritten in der Herstellungstechnologie. In vielen Fällen erklärt der Degressioneffekt auch die Preissenkungen für elektronische Produkte nach einigem Jahren der Martkeinführung.

3. Lebensmittelproduktion

In der Lebensmittelproduktion sind die Fixkosten für die Herstellung eines Lebensmittelprodukts relativ hoch, unabhängig von der Produktionsmenge. Mit zunehmender Produktion können diese Kosten auf mehr Einheiten verteilt werden, was zu niedrigeren durchschnittlichen Stückkosten führt. Aus diesem Grund haben es selbstständige Bäckereien zum Beispiel sehr schwer, wirtschaftlich zu arbeiten. Denn sie können meist nur kleine Stückzahlen aufgrund ihrer geringen Reichweite und Kapazität produzieren und sind Sie den großen Bäckereiketten preislich unterlegen. Hinzu kommt der Wettbewerb durch Backautomaten.

Fazit zum Degressionseffekt

Der Degressionseffekt ist ein wichtiges Konzept in den Wirtschaftswissenschaften und der Kostenrechnung. Er zeigt, wie die durchschnittlichen Stückkosten in Unternehmen abnehmen, wenn die Produktionsmenge steigt. Dieses Phänomen wird durch Ursachen wie Fixkostendegression, Lerneffekte, Mengenrabatte und Technologiefortschritte erklärt. Die Auswirkungen des Degressionseffekts umfassen eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und verbesserte Umsetzung der Wettbewerbsstrategie, höhere Gewinnmargen und mehr Wirtschaftlichkeit und die Möglichkeit für Unternehmen, zu wachsen und zu expandieren. In vielen Branchen sind Beispiele für den Degressionseffekt zu finden, was seine Bedeutung für die Wirtschaft unterstreicht.

Last Updated on