Kalkulation – Kostenträgerrechnung

Die Kostenträgerrechnung heißt häufig auch Kalkulation und beantwortet die Frage „Wofür sind Kosten entstanden?“. Dabei handelt es sich meist um eine Kostenschätzung auf Basis von Plankosten. Im Vordergrund steht meist die Produktkalkulation bzw. Leistungskalkulation.

Aufgaben Kostenträgerrechnung

Kalkulation und Kostenträgerrechnung

Werden die (marktfähigen) betrieblichen Leistungen als Kalkulationsobjekt herangezogen, spricht man auch von der Kostenträgerstückrechnung. Davon abzugrenzen ist die Kostenträgerzeitrechnung, die mehr die Berechnung des Betriebsergebnisses im Blick hat. Sie erfolgt auf Basis des Umsatzkostenverfahrens oder des Gesamtkostenverfahrens. Beide Methoden sind im Handelsgesetzbuch (HGB) dargestellt. Somit weist diese Rechnung Elemente auf, die zum externen Rechnungswesen passen.

„Unter der Kalkulation (auch Kostenträgerstückrechnung) wird die Ermittlung und Zurechnung der im Unternehmen angefallenen Kosten auf die Einheit eines Kostenträgers verstanden.“ (Quelle: https://www.leonardo-group.com/kalkulation/)

Kalkulation und Kostenschätzung der Leistungen

Die Durchführung von Kalkulationen und Kostenschätzungen kann vor, während oder nach der Leistungserbringung erfolgen. In diesem Fall spricht man von der Vor-, der Zwischen- oder der Nachkalkulation. Während die Vorkalkulation auf Grundlage von Normal- oder Sollkosten erfolgt und als Orientierungshilfe bei der Preisfindung dient, liegen für die Zwischenkalkulation und erst recht für die Nachkalkulation auch bereits Ist-Kosten vor, die eine Kontrolle und Steuerung der Kosten (auch im Sinne eines Controllings) ermöglichen. Somit erfolgt die Vorkalkulation auf Basis von Plankosten und entspricht der Reinform der Kostenschätzung. Dagegen ist insbesondere die Nachkalkulation eng mit der Aufgabenstellung im Controlling verbunden.

Vorkalkulation Nachkalkulation

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kostenträgerrechnung

  1. als Grundlage der Bewertung von Lagerbeständen (Halb- und Fertigfabrikate, selbsterstellte Anlagen) als Kostenträgerstückrechnung auf Vollkostenbasis,
  2. als Grundlage der Planung und der Kontrolle des Periodenerfolgs (kurzfristige Erfolgsrechnung nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzkostenverfahren als Kostenträgerzeitrechnung) und
  3. der Bestimmung preispolitischer Entscheidungen (z.B. zur Bestimmung kurzfristiger oder langfristiger Preisuntergrenzen) als Kostenträgerstückrechnung auf Teilkostenbasis dient.

Verfahren von Kalkulation und Kostenschätzung

Zur Durchführung der Kostenträgerstückrechnung existieren verschiedene Kalkulationsmethoden, die sich grundsätzlich den nachfolgend dargestellten Hauptformen zuordnen lassen, wobei die Wahl der richtigen Kalkulationsmethode nicht willkürlich erfolgen darf, sondern von der gegebenen Leistungserstellung abhängt.

Kalkulationsarten

Die Divisions- und die Äquivalenzziffernkalkulation benötigen beide in der betrieblichen Praxis nur selten anzutreffende Produktionsvoraussetzungen. Es handelt sich um die einfachsten Formen der Kostenschätzung bzw. Kostenüberwälzung. So sind Ein-Produkt-Unternehmen (für die Divisionskalkulation) ebenso selten anzutreffen wie reine Sortenfertiger (für die Äquivalenzziffernkalkulation). Allerdings spielt die Divisionskalkulation in manchen Handwerksbetrieben eine Rolle. Und die Äquivalenzziffernkalkulation lässt sich bei Kuppelprozessen einsetzen.

Kuppelprozess und Kuppelkalkulation

Von einem Kuppelprozess spricht man immer dann, wenn aus einem Leistungserstellungsprozess mindestens zwei Produkte entstehen, auch dann, wenn das zweite Produkt ein Abfallprodukt ist. (Beispielsweise werden aus Kirschen sowohl entkernte Kirschen, die dem Hauptprodukt entsprechen, als auch Kirschkerne, die dem Nebenprodukt entsprechen.) In diesem Zusammenhang klärt die Kuppelkalkulation, wie die Kostenüberwälzung der Kuppelprozesskosten auf Haupt- und Nebenprodukt erfolgen kann. Allerdings fallen neben den Kosten des reinen Kuppelprozesses in der Regel noch weitere Kosten an, die mit einer Kuppelkalkulation alleine nicht korrekt berücksichtigt werden können.

Zuschlagskalkulation

Als Regelkalkulation kommt üblicherweise eine Form der Zuschlagskalkulation zum Einsatz, wobei die Maschinenstundensatzrechnung eine Spezialform der Zuschlagskalkulation darstellt. Außerdem ist hier die Lohnzuschlagskalkulation zu nennen, die ebenfalls als Sonderform der Zuschlagskalkulation anzusehen ist. Gerade die Zuschlagskalkulation setzt die Trennung der Kosten in Einzelkosten und Gemeinkosten voraus und ermöglicht so eine differenzierte Kostenschätzung. Entscheidend für die Zuschlagskalkulation ist vor allem die Trennung in Materialkosten und Fertigungskosten, deren Summe die Herstellkosten ergibt, und in Verwaltungs- und Vertriebskosten, wobei die Summe aus Herstellkosten und Verwaltungs- und Vertriebskosten als Selbstkosten bezeichnet wird.

Lernvideo zur Produktkalkulation

Im nachfolgenden Lernvideo werden Ihnen die Grundlagen der Kostenträgerrechnung zur Produktkalkulation noch einmal erklärt.

Hauptquelle dieses Abschnitts ist das Buch: Stefan Georg: Kosten- und Leistungsrechnung kompakt: Einführende Darstellung mit 48 Aufgaben (Link zu Amazon)

Beispiel zur Divisionskalkulation

Die Terra AG produziert in einem Jahr 100.000 Stück des Produktes Super X. 80.000 Stück davon können auf dem Markt abgesetzt werden, der Rest geht auf Lager. Die Gesamtkosten des Jahres betragen 1.300.000 Euro, wovon 300.000 Euro Verwaltungs- und Vertriebskosten sind.

  1. Kalkulieren Sie die Selbstkosten pro Stück.
  2. Ermitteln Sie den wertmäßigen Lagerzugang.

Lösungsvorschlag:

  1. Selbstkosten: Die Selbstkosten ergeben sich aus der Summe von Herstellkosten und Verwaltungs- und Vertriebskosten pro Stück, demnach: 1.000.000 Euro / 100.000 Stück + 300.000 Euro / 80.000 Stück = 13,75 Euro/Stück
  2. Dagegen sind für den wertmäßigen Lagerzugang nur die Herstellkosten von Relevanz. Demnach errechnet man: 20.000 Stück mal 10 Euro / Stück = 200.000 Euro

Hinweis: Bei den Selbstkosten pro Stück werden die Verwaltungs- und Vertriebskosten nur den verkauften Einheiten zugeschlagen. Der wertmäßige Lagerzugang von 20.000 Stück wird nicht mit den Selbstkosten, sondern mit den Herstellkosten bewertet.

Beispiel zur Äquivalenzziffernkalkulation

Ein Unternehmen stellt die beiden Produktarten A und B her. Bei Gesamtkosten von 50.000 Euro werden 150 kg von Produktart A und 300 kg von Produktart B hergestellt. Die Produktion eines Kilogramms von B verursacht um 30% höhere Kosten als die Produktion eines Kilogramms von A.

Berechnen Sie die Selbstkosten pro Stück nach der einstufigen Divisionskalkulation.

Lösungsvorschlag zur Äquivalenzziffernkalkulation:

In diesem Beispiel kann die Äquivalenzziffer für das Produkt A mit 1,0 angesetzt, und die für das Produkt B mit 1,3 angesetzt werden, da B um 30% höhere Kosten als A verursacht. Dann ist zunächst die Menge der Einheitssorte zu bestimmen:

Menge der Einheitssorte: 150 kg mal 1,0 + 300 kg mal 1,3 = 540 kg der Einheitssorte

Im nächsten Schritt lassen sich die Kosten auf die Menge der Einheitssorte verrechnen:

50.000 Euro / 540 kg der Einheitssorte = 92,59 Euro pro kg der Einheitssorte

Schließlich sind die Kosten der Einheitssorte mit den Äquivalnzziffern zu multiplizieren, um die Kosten der einzelnen Sorten zu erhalten:

Produkt A: 1,0 mal 92,59 Euro pro kg = 92,59 Euro pro kg

Produkt B: 1,3 mal 92,59 Euro pro kg = 120,37 Euro pro kg.

Beispiel zur Kuppelkalkulation

In einem Kuppelproduktionsprozess entstehen vier Produkte bei Prozessherstellkosten von insgesamt 900.000 Euro. Weiterhin gilt:

ProduktProduktionsmenge [Stück]Marktpreis [Euro pro Stück]
A10.000100
B4.00010
C5.00020
D15.0004
  1. Kalkulieren Sie die Herstellkosten pro Stück für Produkt A (Hauptprodukt) nach der Restwertmethode.
  2. Kalkulieren Sie die Herstellkosten pro Stück nach der Marktpreis-Äquivalenzziffern-Methode.

Lösungsvorschlag zur Kuppelkalkulation

Bei der Restwertmethode werden die Umsätze der Nebenprodukte dazu genutzt, die Prozesskosten des Kuppelprozesses zu reduzieren. Demnach erhält man hier: 900.000 Euro minus (40.000 Euro + 100.000 Euro + 60.000 Euro) = 700.000 Euro. Im Anschluss daran sind die verbleibenden Kosten auf die Menge des Hauptproduktes zu verteilen:

700.000 Euro durch 10.000 Stück von A = 70 Euro/Stück.

Bei der Marktpreis-Äquivalenzziffernmethode werden die Prozesskosten des Kuppelprozesses auf Basis der Umsätze auf die vier Produkte verteilt. Dazu sind zunächst die Prozesskosten zum Umsatz ins Verhältnis zu setzen. Man erhält dann:

900.000 Euro durch Gesamtumsatz von 1.200.000 Euro = 0,75.

Demnach trägt jedes Produkt das 0,75-fache seines Marktpreises an den Prozesskosten. Für die vier Produktarten heißt das also:

A: 75 Euro/Stück, B: 7,50 Euro/Stück, C: 15 Euro pro Stück, D: 3 Euro pro Stück.

Beispiel zur Zuschlagskalkulation

Die Zuschlagskalkulation ist die gängigste Form der Kostenträgerstückrechnung. Betrachten Sie dazu die folgende Aufgabe:

Bestimmen Sie die Ist-Kosten eines Auftrags (Nachkalkulation) in einem Fertigungsunternehmen, für den folgenden Daten vorliegen:[i]

Materialeinzelkosten: 10 kg zu 30 Euro je kg

Fertigungseinzelkosten Schlosserei: 4 Arbeitsstunden zu 60 Euro je Stunde

Fertigungseinzelkosten Schleiferei: 5 Arbeitsstunden zu 20 Euro je Stunde

Fertigungseinzelkosten Dreherei: 2 Arbeitsstunden zu 50 Euro je Stunde

Fertigungseinzelkosten Montage: 10 Arbeitsstunden zu 70 Euro je Stunde

Sondereinzelkosten der Fertigung (bspw. für ein spezielles Werkzeug): 450 Euro

Sondereinzelkosten des Vertriebs (bspw. für eine spezielle Verpackungsvorrichtung): 120 Euro

Materialgemeinkostenzuschlag: 15% auf die Materialeinzelkosten

Fertigungsgemeinkostenzuschlag Schlosserei: 110% auf die Fertigungseinzelkosten Schlosserei

Fertigungsgemeinkostenzuschlag Schleiferei: 40% auf die Fertigungseinzelkosten Schleiferei

Fertigungsgemeinkostenzuschlag Dreherei: 180% auf die Fertigungseinzelkosten Dreherei

Fertigungsgemeinkostenzuschlag Montage: 50% auf die Fertigungseinzelkosten Montage

Verwaltungsgemeinkostenzuschlag: 10% auf die Herstellkosten

Vertriebsgemeinkostenzuschlag: 10% auf die Herstellkosten

Sämtliche Gemeinkostenzuschläge stammen aus der Kostenstellenrechnung und sind dort mittels des Betrieblichen Abrechnungsbogens ermittelt worden.

Lösungsvorschlag zur Zuschlagskalkulation:

Menge [kg]10
StundenEuro je StundeZuschlag in ProzentSumme in Euro
MEK30300
MGK1545
FEK Schlosserei460240
FGK Schlosserei110264
FEK Schleiferei520100
FGK Schleiferei4040
FEK Dreherei250100
FGK Dreherei180180
FEK Montage1070700
FGK Montage50350
SEK Fertigung450450
Herstellkosten2.769
VwGK10276,90
VtGK10276,90
SEK Vertrieb120120,00
IST-Kosten   3.442,80

In diesem konkreten Fall handelt es sich um eine Lohnzuschlagskalkulation, da die Fertigungsgemeinkosten Zuschläge auf die Fertigungslöhne darstellen. Dass die Materialgemeinkosten prozentual auf die Materialeinzelkosten verrechnet werden, spielt für die Begrifflichkeit der Lohnzuschlagskalkulation dagegen keine Rolle. Entsprechendes gilt für die prozentuale Verrechnung der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten auf die Herstellkosten.

[i] Däumler/Grabe: Kostenrechnung I, 10. Auflage, 2008, S. 269f.

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