Lebenszykluskostenrechnung – Investitionsrechnung

Die Lebenszykluskostenrechnung bedient sich rechnerisch bei den Methoden der Investitionsrechnung und nutzt dabei Informationen aus der Berechnung der Liquidität. Dabei ist die Lebenszykluskostenrechnung stark an die dynamischen Methoden der Investitionsrechnung angelehnt, die Sie möglicherweise bereits aus der klassischen Lehrveranstaltung zur Investitionsrechnung aus einem Studium zur Betriebswirtschaftslehre (BWL) kennen. Kern der Methodik bildet der Ansatz zum Total Cost of Ownership (TCO). Dazu wird nicht nur eine einzelne Periode betrachtet, wie es in der klassischen Kostenrechnung üblich ist, sondern die Total Cost of Ownership – Methode arbeitet auf Basis der gesamten Lebensdauer eines Produktes.

Lebenszyklusrechnung und Liquidität

Im Fall der Lebenszykluskostenrechnung sollten Sie sich auf jeden Fall mit der Kapitalwertmethode (Form der dynamischen Investitionsrechnung) als ideale Methode des Total Cost of Ownership – Ansatzes auskennen. Bei dieser sind die Einzahlungsüberschüsse der einzelnen Perioden auf den Investitionszeitpunkt abzuzinsen. Damit nutzt die Kapitalwertmethode Rechnungsgrößen, die Sie bei der Bestimmung der Liquidität und der Liquiditätsplanung benötigen. Betrachten Sie dazu das folgende Beispiel:

Beispiel zur Kapitalwertmethode

Ein Unternehmen tätigt zum Investitionszeitpunkt eine Auszahlung in Höhe von 100 Euro. Ein Jahr nach der Investition erhält es eine Einzahlung über 55 Euro zurück, zwei Jahre später sogar eine über 72,60 Euro zurück. Das Unternehmen rechnet mit einem Kalkulationszinssatz von 10 Prozent pro Jahr. Die Kapitalwertmethode sieht vor, alle zukünftigen Zahlungen auf den Investitionszeitpunkt abzuzinsen. Dabei bleiben die 100 Euro als Auszahlung unangetastet, da sich diese bereits auf dem Investitionszeitpunkt befinden. Dagegen müssen die 55 Euro aus dem Jahr 1 um ein Jahr abgezinst werden. Diese Abzinsung erfolgt mittels einer Division der 55 Euro durch 1,1. Der Wert 1,1 ergibt sich aus der Addition der Zahl 1 mit dem Zinssatz, der als Dezimalzahl ausgedrückt wird (also 10% entsprechen 0,1). Somit haben die 55 Euro Einzahlung am Ende des ersten Jahres zum Investitionszeitpunkt nur einen Wert von 50 Euro. Anders ausgedrückt: Wenn Sie 50 Euro für ein Jahr zu 10% Zinsen anlegen, dann haben Sie nach einem Jahr eben 55 Euro.

Zusätzlich müssen im Beispiel die 72,60 Euro zwei Jahre abgezinst werden, was einer zweimaligen Division durch 1,1 entspricht. Demnach werden aus 72,60 Euro am Ende von Jahr 2 gerade noch 66 Euro am Ende von Jahr 1. Und diese 66 Euro am Ende von Jahr 1 entsprechen kann 60 Euro zum Investitionszeitpunkt.

Addiert man nun alle Werte des Investitionszeitpunktes, also -100 Euro (für die Auszahlung), 50 Euro und 60 Euro (für die beiden Einzahlungen) erhält man den Kapitalwert von in diesem Fall 10 Euro. Sobald der Kapitalwert positiv ist, kann man mit der Investition eine Verzinsung erreichen, die oberhalb der Kalkulationszinssatzes liegt (hier also über 10% pro Jahr).

Liquidität und Zahlungsmittel

Im Allgemeinen misst die Liquidität die Höhe der vorhandenen Zahlungsmittel. Damit ist die Liquidität ein Maß für die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens. In der Folge spielen dann nicht Kosten und Leistungen, sondern Einzahlungen und Auszahlungen (für die Liquiditätsplanung) eine Rolle. Alle abgezinsten Einzahlungsüberschüsse als Differenzen von Einzahlungen und Auszahlungen sind dann, wie im Beispiel bereits gesehen, zu summieren. Die Summe, die man auf diesem Weg erhält, heißt Kapitalwert. Und anhand des Kapitalwertes können Sie Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Investitionsobjektes ziehen. Somit handelt es sich um eine Form der Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Und eine erste Aufgabe zur Lebenszyklusrechung in Form der Kapitalwertmethode nach dem Prinzip der dynamischen Investitionsrechnung zum TCO-Ansatz finden Sie hier über folgenden Link: https://kostenmanagementblog.wordpress.com/fallstudie-4-zum-lebenszykluskostenmanagement/

Lebenszykluskostenrechnung und Lebenszykluskostenmanagement

Was aber unterscheidet die Lebenszykluskostenrechnung von dem Lebenszykluskostenmanagement? Generell lässt sich feststellen, dass eine Rechnung stark an Zahlen orientiert ist. Auch das kennen Sie aus der Investitionsrechnung. Hier stehen der Rechenweg und die Rechenergebnisse im Vordergrund. Somit handelt es sich um eine operative Rechnung, in diesem Fall um eine Wirtschaftlichkeitsrechnung. Hinsichtlich der bereits angesprochenen Liquidität spricht man auch von der Liquiditätsrechnung oder Liquiditätsplanung. Dagegen versucht ein Management immer, regelnd und steuernd einzugreifen. Es ist auch häufig strategisch ausgerichtet. Dazu bedient sich das Management häufig auch den Rechenergebnissen als Datengrundlage. Aus der Liquiditätsrechnung bzw. der Liquiditätsplanung wird so ein Liquiditätsmanagement, wenn die Liquidität des Unternehmens zu beeinflussen und zu steuern ist. Insofern liefert die Lebenszykluskostenrechnung dann auch die Daten für ein erfolgreiches Lebenszykluskostenmanagement. Somit wird aus der Investitionsrechnung ein Investitionsmanagement.

Lebenszykluskostenrechnung mit der Kapitalwertmethode

Nach dem kurzen einführenden Beispiel zu Beginn dieses Textes, zeigt die folgende Rechnung nun beispielhaft die Anwendung der Kapitalwertmethode auf Basis von Ein- und Auszahlungen für eine umfassende Investitionssituation.. In der Literatur zum Kostenmanagement werden in diesem Zusammenhang auch entsprechende Rechnungen auf Basis von Kosten und Erlösen diskutiert. Schauen Sie sich aber zunächst die Definition des Kapitalwertes zur Wirtschaftlichkeitsberechnung an:

Der Kapitalwert des Produkts ergibt sich aus der Summe der diskontierten (abgezinsten) Ein- bzw. Auszahlungsüberschüsse der einzelnen Jahre des Produktlebenszyklusses.

Dabei besagt ein positiver Kapitalwert, dass ein Produkt die gewünschte Verzinsung über seinen Lebenszyklus mehr als erreicht. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung liefert dann ein positives Ergebnis. Hingegen können Sie bei einem negativen Kapitalwert die gewünschte Verzinsung nicht erreichen. Welche Verzinsung das Produkt aber genau erzielt, können Sie in diesem Fall lediglich (mit Abstrichen) mit der internen Zinsfußmethode bestimmen. Dann haben Sie auch den Zinssatz gefunden, bei dem der Kapitalwert gerade null wird.

Wahl des Zinssatzes

Wie hoch die gewünschte (angestrebte) Verzinsung bei der Methodik des Total Cost of Ownership ist, müssen Sie zunächst unabhängig von der gewählten Methode der Investitionsrechnung bzw. Wirtschaftlichkeitsrechnung festlegen. Oft wird an dieser Stelle mit Wunschzinssätzen oder Vergleichszinssätzen gearbeitet. Trotz der Phase niedriger Kapitalmarktzinsen ist bei der Lebenszykluskostenrechnung häufig ein Zinssatz von 10 Prozent und mehr pro Jahr anzutreffen. Dies liegt auch daran, dass man mit dem Wunschzinssatz auch das Risiko der Investition mit abbildet. Auf diese Weise erhält man eine Wirtschaftlichkeitsrechnung, die den Risikoaspekt zumindest indirekt berücksichtigt.

(Literaturhinweis: Siehe Kremin-Buch, Beate: Strategisches Kostenmanagement. Grundlagen und moderne Instrumente, 4. Auflage, Wiesbaden, Verlag Gabler, Erscheinungsjahr 2007, S. 186 ff. (hier mit Link zu Amazon))

Beispiel zur Lebenszykluskostenrechnung

Annahme: Der Kalkulationszinsfuß beträgt für die folgende Berechnung 5%.

Lebenszykluskostenrechnung Beispiel

Kapitalwert C0 = 602.684,66 €

Der positive Kapitalwert zeigt nun, dass Sie auf Basis der Plandaten von Einzahlungen und Auszahlungen die Wunschverzinsung (den Kalkulationszins) deutlich überschreiten können. Wie deutlich diese Überschreitung ist, können Sie abschätzen, wenn Sie den Kapitalwert selbst mit der Höhe der Ein- und Auszahlungen vergleichen. Ein Kapitalwert von 1.000 ist groß, wenn die höchsten Ein- und Auszahlungen im Bereich von 100 liegen. Dagegen ist ein Kapitalwert von 1.000 klein, wenn die höchsten Ein- und Auszahlungen im Bereich von 100.000 zu finden sind. Diese Abschätzung ist wichtig, um auch ohne Berechnung eines internen Zinses eine Vorstellung von der möglichen Höhe der Verzinsung zu bekommen. Somit liegen in diesem Fall Daten vor, die für einen klar höheren internen Zins sprechen. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung spricht also in diesem Fall eindeutig für eine Investition.

Lebenszyklusrechnung auf Basis von Kosten und Leistungen

Oftmals wird die Lebenszyklusrechnung als Lebenszykluskostenrechnung verstanden und repräsentiert den Ansatz des Total Cost of Ownership. Dann sind in der Kalkulation die Einzahlungen durch die Leistungen (Betriebserträge) und die Auszahlungen durch die Kosten zu ersetzen. Die rechnerische Vorgehensweise entspricht aber derjenigen der Liquiditätsplanung. Doch wo liegt dann der Unterschied in beiden Ansätzen?

Eine Investition führt üblicherweise zu einer höheren Auszahlung zum Investitionszeitpunkt. Diese ist dann für die Kapitalwertberechnung nicht abzuzinsen, da sie sich bereits auf den Zeitpunkt 0 der Investition bezieht. Wenn Sie aber statt mit Auszahlungen nun mit Kosten rechnen, dann ist die Anfangsauszahlung durch kalkulatorische Abschreibungen zu ersetzen. Denn die Investition ist ja in der Regel mehrjährig nutzbar (sonst wäre die gesamte Rechnung überflüssig), so dass der Werteverzehr über den gesamten Nutzungszeitraum zu betrachen ist, wenn mit Kosten gerechnet werden soll. Betrachten Sie dazu das folgende Beispiel:

Beispiel zur Lebenszykluskostenrechnung

Eine Investition mit einer Anschaffungsauszahlung von 100 Euro wird voraussichtlich 4 Jahre nutzbar sein. Bei Nutzung der linearen Abschreibung ergeben sich dann Kosten von 25 Euro pro Jahr, vereinfachend verrechnet zum Ende des Jahres. Wenn Sie nun einen Kalkulationszinssatz von 10% pro Jahr ansetzen, fließen die 4 Abschreibungsbeträge von jeweils 25 Euro nicht mehr in voller Höhe in die Rechnung ein, sondern werden pro Jahr mit 10% abgezinst. So beträgt der Wert des ersten Abschreibungsbetrags am Ende des ersten Jahres nur noch 22,727 Euro, nämlich 25 Euro, dividiert durch 1,1. Und die drei folgenden Abschreibungsbeträge sind zum Investitionszeitpunkt dann sogar nur noch 20,66 Euro (Jahr 2), 18,78 Euro (Jahr 3) und 17,075 Euro (Jahr 4) Wert. Statt einer Auszahlung von 100 Euro werden dann nur noch Kosten von knapp unter 80 Euro für den Kapitalwert in Ansatz betracht. Dadurch rechnet sich eine Investition unter Rentabilitätsüberlegungen (auf Basis von Kosten und Betriebserträgen) eher als unter Liquiditätsüberlegungen (auf Basis von Auszahlungen und Einzahlungen).

Literatur zur Lebenszyklusrechnung

Wenn Sie sich weitergehend für die Produktlebenszyklusrechnung interessieren, sei Ihnen den folgende Buch empfohlen, das diese Methode des Kostenmanagements anschaulich beschreibt.

Abschließend finden Sie eine anschauliche Aufgabe zur Lebenszykluskostenrechnung unter dem folgenden Link: https://kostenmanagementblog.wordpress.com/fallstudie-1-zum-lebenszykluskostenmanagement/

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