Probleme der Gemeinkostenverrechnung

Die Probleme der Gemeinkostenverrechnung und des Gemeinkosten-Managements ergeben sich aus der „willkürlichen“ Verrechnung der Gemeinkosten.

„Ohne Zweifel stellt die Kosten- und Leistungsrechnung eines der wichtigsten Informationssysteme der Unternehmen dar. Dennoch hat sie Schwächen: Ein wesentliches Problem liegt in der verursachungsgerechten Zurechnung der Gemeinkosten auf ein Produkt.“ (Quelle: https://refa-consulting.ag/unternehmensberatung/kostenrechnung)

Typische Gemeinkostenarten

Gemeinkosten sind eine wichtige Kategorie in der Kostenrechnung von Unternehmen und umfassen alle Kosten, die nicht verursachungsgerecht einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Kostenstelle zugeordnet werden können. Im Folgenden wird ausführlich auf die typischen Gemeinkostenarten eingegangen:

Materialgemeinkosten

Die Materialgemeinkosten umfassen alle Kosten für Materialien oder Rohstoffe, die nicht direkt einem bestimmten Produkt zugeordnet werden können. Dazu gehören beispielsweise Materiallagerhaltungskosten, Materialverwaltungskosten und Materialverluste.

Beispiel: Die Kosten für die Lagerhaltung von Rohstoffen in einem Lagerhaus, die für mehrere Produktionslinien verwendet werden, sind Materialgemeinkosten.

Fertigungsgemeinkosten

Die Fertigungsgemeinkosten umfassen alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Fertigung von Produkten anfallen, aber nicht direkt den einzelnen Produkten zugeordnet werden können. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für Maschinenwartung, Fabrikbeleuchtung und Werkzeuge.

Die Kosten für die Instandhaltung von Maschinen in einer Produktionshalle, die für die Herstellung verschiedener Produkte verwendet werden, sind Fertigungsgemeinkosten.

Verwaltungsgemeinkosten

Die Verwaltungsgemeinkosten umfassen alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung des Unternehmens anfallen, aber nicht direkt den einzelnen Produkten oder Kostenstellen zugeordnet werden können. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für die Geschäftsführung, die Buchhaltung und das Personalwesen.

Beispiel: Die Kosten für die Lohnbuchhaltung und die Personalkostenabrechnung, die für das gesamte Unternehmen anfallen, sind Verwaltungsgemeinkosten.

Vertriebsgemeinkosten

Die Vertriebsgemeinkosten umfassen alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb und Verkauf der Produkte oder Dienstleistungen anfallen, aber nicht direkt den einzelnen Verkaufsvorgängen zugeordnet werden können. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für Werbung, Vertriebsmitarbeiter und Messeauftritte.

Beispiel: Die Kosten für die Teilnahme an einer Fachmesse, auf der verschiedene Produkte des Unternehmens präsentiert werden, sind Vertriebsgemeinkosten.

Finanzierungsgemeinkosten

Die Finanzierungsgemeinkosten umfassen alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Finanzierung des Unternehmens anfallen, aber nicht direkt den einzelnen Finanzierungsquellen zugeordnet werden können. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für die Kapitalbeschaffung, die Zinsen und die Bankgebühren.

Beispiel: Die Kosten für die Aufnahme eines Bankkredits zur Finanzierung von Betriebsmittel sind Finanzierungsgemeinkosten.

Alternativen der Verrechnung von Gemeinkosten

Jedoch bedeutet willkürlich nicht, dass die Verteilung der Kosten rein zufällig erfolgt. Stattdessen können Sie schon von einem durchdachten Ansatz ausgehen. Allerdings bieten sich häufig mehrere Möglichkeiten zur Verrechnung von Gemeinkosten, aus der man dann eine Variante als Verrechnungsprinzip aussuchen muss. Dieser Auswahlprozess folgt somit einer gewissen Willkür. Schauen Sie sich dazu den folgenden Abschnitt näher an.

Verrechnungsmethoden der Gemeinkosten

Die Verrechnung der Gemeinkosten in der Kostenrechnung erfolgt durch verschiedene Verfahren, um diese Kosten auf die Produkte, Dienstleistungen oder Kostenstellen zu verteilen, denen sie zugeordnet werden sollen. Hier sind einige gängige Methoden zur Verrechnung von Gemeinkosten, ergänzt durch Beispiele:

Kostenstellenrechnung

In der Kostenstellenrechnung werden die Gemeinkosten den einzelnen Kostenstellen nach Möglichkeit entsprechend ihrer Verursachung oder Nutzung zugerechnet. Dies ermöglicht eine detaillierte Analyse der Kostenentwicklung in verschiedenen Bereichen des Unternehmens.

Beispiel: Ein Unternehmen hat verschiedene Abteilungen wie Produktion, Verwaltung und Vertrieb. Die Gemeinkosten für die Gebäudekosten können basierend auf der Fläche, die jede Abteilung nutzt, auf die entsprechenden Kostenstellen verteilt werden.

Kostenträgerrechnung

In der Kostenträgerrechnung werden die Gemeinkosten den einzelnen Produkten oder Aufträgen anhand von Kalkulationssätzen zugerechnet. Dies ermöglicht es, die Kosten einzelnen Produkten zuzuordnen, jedoch nicht, die Rentabilität der Produkte zu bewerten.

Beispiel: Ein Unternehmen stellt verschiedene Produkte her und möchte die Gemeinkosten für die Maschinenwartung auf die einzelnen Produkte verteilen. Dies kann basierend auf der Maschinenlaufzeit für jedes Produkt erfolgen.

Umlageverfahren

Beim Umlageverfahren werden Gemeinkosten auf Basis bestimmter Verteilungsschlüssel auf die Kostenträger oder Kostenstellen umgelegt. Diese Verteilungsschlüssel können auf verschiedenen Kriterien basieren, wie beispielsweise der Arbeitszeit, dem Umsatz oder der Produktionsmenge.

Beispiel: Die Gemeinkosten für die Lagerhaltung werden auf die verschiedenen Produkte umgelegt, basierend auf dem Prozentsatz des Lagerplatzes, den jedes Produkt beansprucht.

Plankostenrechnung

Bei der Plankostenrechnung werden die Gemeinkosten auf Basis von geplanten oder standardisierten Kosten auf die Kostenträger oder Kostenstellen verrechnet. Dies ermöglicht es, die tatsächlichen Kosten mit den geplanten Kosten zu vergleichen und Abweichungen zu identifizieren.

Beispiel: Ein Unternehmen legt für jedes Produkt standardisierte Gemeinkosten fest, basierend auf historischen Daten und Prognosen. Diese Kosten werden dann auf die Produkte verrechnet, um die Gesamtkosten zu ermitteln.

Traditionelle Vollkostenrechnung

Bei der traditionellen Vollkostenrechnung erfolgt eine Schlüsselung der Einzelkosten der Hilfskostenstellen (=Gemeinkosten der Endkostenstellen) auf die Endkostenstellen. Dieser Schritt nennt man auch innerbetriebliche Leistungsverrechnung. Nur selten lassen sich nämlich die Gemeinkosten verursachungsgerecht den Kostenstellen zuordnen. Wann auch immer das möglich ist, sollten Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Probleme der Verrechnung von Gemeinkosten

Das Verursachungsprinzip ist das dominierende Grundprinzip der Kostenverrechnung. Anschließend sind zusätzlich die Kosten der Endkostenstellen (=Gemeinkosten der Kostenträger) auf die Kostenträger zu schlüsseln. Dazu sind geeignete Bezugsgrößen zu suchen, anhand derer die Verteilung (praktikabel) erfolgen kann. Auch hier bieten sich Ihnen wieder alternative Möglichkeiten. Beispielsweise sind die Fertigungsgemeinkosten oft als Zuschlag auf die Fertigungseinzelkosten verrechnet. Alternativ können Sie aber auch eine Verrechnung über Stundensätze wählen. Gerade der letztgenannte Ansatz der Verrechnung über Stundensätze kommt beispielsweise bei der Maschinenstundensatzrechnung als Spezialform der Zuschlagskalkulation vor.

Schlüsselung von Gemeinkosten

Jede Schlüsselung ist jedoch in gewissem Maße „willkürlich“, da kennzeichnendes Merkmal der Gemeinkosten ist, dass sie für mehrere Kostenträger und oft auch für mehrere Kostenstellen anfallen. So verteilt man die Gemeinkostenart Miete häufig anhand von Quadratmeterflächen auf Kostenstellen. Dabei wird dann ein Quadratmeter Verkaufsfläche ebenso bewertet wie ein Quadratmeter Flur oder Lagerraum. Daran sehen Sie, dass bei der Schlüsselung häufig einfache bzw. praktikable Verrechnungsgrößen genutzt werden. Jedoch bleibt dabei das Verursachungsprinzip auf der Strecke.

Eine Schlüsselung dieser Kosten ist daher generell abzulehnen, wenn man bestrebt ist, Gemeinkosten zu managen/ zu steuern. Stattdessen sollten in diesem Fall die Gemeinkosten ungeschlüsselt in einem Block untersucht werden, um das Prinzip der Verursachungsgerechtigkeit nicht zu durchbrechen. Einen Lösungansatz dazu bietet dazu die Deckungsbeitragsrechnung auf Basis von Einzel- und Gemeinkosten oder die Prozesskostenrechnung.

Probleme der Gemeinkostenverrechnung und der Ansatz der Prozesskostenrechnung

Die Probleme der Gemeinkostenverrechnung werden oftmals mit Hilfe des Prozesskostenrechnung angegangen. Diese versucht die Gemeinkosten über eine Prozessanalyse betrieblichen Abläufen zuzuordnen. Damit soll es möglich sein, die Höhe der Kosten besser zu beurteilen und zu steuern. So werden die Beschaffungsgemeinkosten (als Teil der Materialkosten) jetzt nicht mehr über die Materialgemeinkosten den Materialeinzelkosten proportional zugeordnet. Stattdessen dient die Zahl der Beschaffungsvorgänge nun meist als Verrechnungsgröße. Allerdings kann auch die Prozesskostenrechnung nicht vollständig auf eine Schlüsselung von Gemeinkosten verzichten, wenn diese als Vollkostenrechnung durchzuführen ist. Denn dort sind sogenannte leistungsmengenneutrale Kosten ebenfalls auf andere Prozesse zu verteilen. Als Alternative bietet sich dann nur noch eine Teilkostenrechnung an.

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