Verrechnungsprinzip der Kostenrechnung

Als Verrechnungsprinzip der Kostenrechnung sind in der Literatur und in der Praxis vor allem das Verursachungsprinzip, das Tragfähigkeitsprinzip und das Durchschnittsprinzip bekannt, die Ihnen in der folgenden Abbildung dargestellt sind:

Verrechnungsprinzip der Kostenrechnung

Generell leisten die einzelnen Verrechnungsprinzipien einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der dreigliedrigen Kostenrechnung.

Dreistufiger Aufbau der Kostenrechnung

Die Kosten- und Leistungsrechnung als typisches Kostenrechnungssystem weist im Allgemeinen einen dreistufigen Aufbau in die Kostenarten-, die Kostenstellen- und die Kostenträgerrechnung auf. Diese Dreiteilung der Kosten- und Leistungsrechnung begründet sich in den zu Grunde zu legenden Verrechnungsprinzipien von Kosten. Demnach erfolgt die Verrechnung der Kosten innerhalb der Kostenrechnung nach dem

  1. Verursachungsprinzip,
  2. Durchschnittsprinzip oder
  3. Tragfähigkeitsprinzip.

Bevor Sie den folgenden Text zu den einzelnen Methoden weiterlesen, können Sie sich auch das folgende Lernvideo zu den verrechnungsprinzipien anschauen:

Verursachungsprinzip

Von den Verrechnungsprinzipien ist das Verursachungsprinzip das dominierende Grundprinzip. Es besagt, dass den einzelnen Kostenträgern (In der Regel sind das die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens, die am Markt zu verkaufen sind.) nur jene Kosten zugeordnet werden dürfen, die dieser Kostenträger (dieses Bezugsobjekt, also das Produkt oder die Dienstleistung) auch verursacht hat. Diese Vorgehensweise erscheint uneingeschränkt sinnvoll. Denn als Kunde eines Warenhauses mit breiter Angebotspalette sind Sie sicherlich nicht bereit, die Kosten eines Fernsehers zu bezahlen, wenn Sie gar keinen Fernseher, sondern ein paar Sportschuhe kaufen. Den Vorgang der Kostenzuordnung auf die Kostenträger nennt man Kostenträgerrechnung bzw. Kalkulation. Auch dazu finden Sie auf dieser Website Informationen.

„Das Verursachungsprinzip, auch bekannt als Kausalitätsprinzip oder Ursache-Wirkungs-Prinzip, ist ein grundlegendes Konzept in der Finanz- und Rechnungslegung. Es besagt, dass Kosten, Aufwendungen und Erlöse denjenigen Aktivitäten zugerechnet werden sollten, die für ihre Entstehung verantwortlich sind.“ (Quelle: https://www.alleaktien.de/lexikon/verursachungsprinzip)

Eine Anwendung des Verursachungsprinzips bedeutet, dass einem Kostenträger insbesondere jene Kosten zuzurechnen sind, die bei der Erstellung einer zusätzlichen Kostenträgereinheit zusätzlich anfallen. Man spricht von variablen Kosten, wenn sich die Kosten mit der Leistungsmenge (der Produktionsmenge, man spricht im Rechnungswesen auch von der Beschäftigung) verändern. Wenn ein Textilhersteller eine Hose mehr herstellt, dann sind damit bestimmte zusätzliche Kosten verbunden. Beispielhaft sei hier der zusätzlich verwendete Stoff (zusätzliche Materialkosten) genannt. Dessen Kosten sind verursachungsgerecht der zusätzlichen Hose anzulasten. An dieser Stelle greift das Verursachungsprinzip also wunderbar.

Grenzen des Verursachungsprinzips

Tatsächlich lässt sich das Verursachungsprinzip in der betrieblichen Praxis aber nur selten nutzen. Welche Kosten entstehen tatsächlich aufgrund einer bestimmten Ursache? Sicherlich gilt das für einen stattlichen Teil der Materialkosten, aber selbst hier nicht für die gesamten Materialkosten. Warum ist das so?

Bleiben wir einmal beim Beispiel aus der Textilwirtschaft. Ein Unternehmen produziert u.a. Hosen. Diese Hosen bestehen aus Stoff. Produzieren Sie eine Hose mehr, verbrauchen Sie auch mehr Stoff. Wir haben einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Hose und Stoffverbrauch. Damit können wir hier das Verursachungsprinzip nutzen. Aber: der Stoff muss beschafft und vielleicht auch zunächst einmal gelagert werden. Die Kosten für die Beschaffungsprozesse und die Prozesse der Ein- und Auslagerung des Stoffes, vielleicht auch der Qualitätsprüfung des Stoffs ändern sich aber nicht mit einer Hose mehr oder weniger. Diese Prozesskosten lassen sich also nicht verursachungsgerecht einer einzelnen Hose zuordnen. Und wenn Sie jetzt einmal genau überlegen, dann finden Sie über die Materialkosten hinaus im Unternehmen vor allem Kosten, die nicht ursächlich mit der einzelnen Hose in Verbindung zu bringen sind. Wir stellen fest, dass der Verursachungsprinzip zur Kostenverrechnung sehr schnell an seine Grenzen stößt.

Durchschnittsprinzip

Wenn das Verursachungsprinzip jedoch nicht greift, sind das Durchschnittsprinzip oder das Tragfähigkeitsprinzip als Alternative zur Kostenverteilung heranzuziehen.

Bei Anwendung des Durchschnittsprinzips zur Zuordnung von Kosten auf Kostenträger werden die Kosten anteilig einer Schlüsselgröße auf die Kostenträger verrechnet. Dabei entspricht die Schlüsselgröße meist einer Mengen- oder Flächen- bzw. Raumgröße (Stück, Gewicht, Anzahl der Mitarbeiter, Quadratmeter Grundfläche, Kubikmeter Raum etc.)

Dient beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter als Schlüsselgröße zur Verteilung von Verwaltungskosten in Höhe von 100.000 Euro, und besteht ein Unternehmen aus 2 Abteilungen mit 3 bzw. 7 Mitarbeitern, dann werden in diesem Fall 30.000 Euro Verwaltungskosten der Abteilung mit 3 Mitarbeitern und 70.000 Euro der Abteilung mit 7 Mitarbeitern zugeordnet. Damit ist das Durchschnittsprinzip in der Praxis sehr häufig recht einfach anzuwenden.

Eine solche Verteilungsrechnung von Kosten findet häufig innerhalb der Kostenstellenrechnung statt. Die Kostenstellenrechnung verfolgt den Zweck, sämtliche Kosten aus der Kostenartenrechnung, die nicht verursachungsgerecht den Kostenträgern zugeordnet werden können, zu sammeln und so zu strukturieren (umzuordnen bzw. umzurechnen), dass sie sich letztlich gerecht oder wenigsten plausibel bzw. praktikabel den Kostenträgern zuordnen lassen. Damit übernimmt die Kostenstellenrechnung eine wichtige Aufgabe innerhalb der Kostenrechnung.

Bildung von Stundensätzen – welches Verrechnungsprinzip gilt?

Immer wieder umstritten ist die Frage, ob die Bildung von Stundensätzen zu einer verursachungsgerechten Kostenzurechnung oder doch zur Anwendung des Durchschnittsprinzips führt.

Einerseits ist mit vielen Tätigkeiten in einem Unternehmen ein bestimmter Zeitaufwand verbunden. So benötigt ein Mitarbeiter im Einkauf vielleicht eine halbe Stunde, um eine konkrete Materialbestellung durchzuführen. Würde er die Materialbestellung nicht durchführen müssen, hätte er die halbe Stunde Arbeit gespart. Tatsächlich stehen also Zeitaufwand und Tätigkeit in einem ursächlichen Verhältnis zu einander. Alleine dieser Zusammenhang reicht aber nicht aus. Denn die Frage, die es eigentlich zu beantworten gilt, lautet: Stehen auch die Personalkosten zur Entlohnung des Mitarbeiters in einem ursächlichen Verhältnis zur Tätigkeit? Und diese Frage ist wohl zu verneinen. Im Regelfall erhält der Mitarbeiter im Einkauf auch dann sein komplettes Gehalt, wenn er die Materialbestellung nicht durchführen muss. Die konkrete Bestellung hat somit keinen Einfluss auf die Personalkosten für den Mitarbeiter, sie verursacht sie also nicht. Vielmehr gibt es den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Personalkosten und der Gesamtheit der Tätigkeiten des Einkaufsmitarbeiters. Da sich die Gesamtheit der Tätigkeiten oft über den Stundeneinsatz messen lässt, entstehen dann Stundensätze, bei denen die Kosten durch die Anzahl der verrechenbaren Arbeitsstunden dividiert werden. Diese Vorgehensweise ist aber beispielhaft für die Anwendung des Durchschnittsprinzips als Verrechnungsprinzip von Kosten.

Tragfähigkeitsprinzip

Auch das Tragfähigkeitsprinzip als zweite Alternative der Kostenverrechnung nicht verursachungsgerecht zu verrechnender Kosten verwendet Schlüsselgrößen. Allerdings sind dies Wertgrößen wie der Absatzpreis (Verkaufspreis) bzw. der Deckungsbeitrag des Kostenträgers.

Hat ein Produkt bspw. einen Absatzpreis von 10 Euro pro Stück, ein zweites einen Absatzpreis von 20 Euro pro Stück, so werden bei Anwendung des Absatzpreises als Schlüsselgröße nach dem Tragfähigkeitsprinzip dem zweiten Produkt doppelt so hohe Kosten zugeordnet wie dem ersten Produkt. Letztlich funktioniert das Tragfähigkeitsprinzip als Verrechnungsprinzip in der Praxis oftmals sehr gut. Allerdings müssen dazu die am Markt erzielbaren Preise im Vorfeld bekannt sein. Ansonsten kann man das Tragfähigkeitsprinzip nicht umsetzen, da die Datengrundlage fehlt.

Noch schwieriger wird es, wenn der Deckungsbeitrag als Verteilungsmaßstab herangezogen werden soll. Denn dann müssen nicht nur die voraussichtlichen Marktpreise der Produkte bekannt sein, sondern auch noch die variablen Stückkosten.

Aufgabe zu den Verrechnungsprinzipien der Kostenrechnung

Betrachten Sie einmal den Fall, dass ein Unternehmen nur zwei Produkte A und B herstellt. Vom Produkt A werden 1.000 Stück produziert und zum voraussichtlichen Marktpreis von 20 Euro je Stück verkauft. Dagegen sollen von Produkt B nur 500 Stück zum Marktpreis von 8 Euro je Stück abgesetzt werden.

Mit der Herstellung von einem Stück der Produktart A sind variable Stückkosten von 6 Euro und ein Fertigungsaufwand von 6 Minuten verbunden. Dagegen betragen die variablen Stückkosten von Produktart B nur 4 Euro je Stück bei einem Fertigungsaufwand von 4 Minuten pro Stück.

Darüber hinaus fallen noch Fixkosten in Höhe von 12.000 Euro an.

Nach welchen Verrechnungsprinzipien lassen sich die variablen und die fixen Kosten den Produkten A und B zurechnen?

Lösung zur Aufgabe zu den Verrechnungsprinzipien

Die variablen Kosten sind den Produkten A und B verursachungsgerecht zugeordnet. Kennzeichen von variablen Kosten ist die Veränderbarkeit der Kosten mit der Beschäftigung (Produktionsmenge). Somit verursacht eine zusätzliche Einheit von A bzw. B auch zusätzliche Kosten. Streng genommen handelt es sich dabei um Grenzkosten. In diesem Fall, wo keine anderen Informationen vorliegen, ist davon auszugehen, dass die variablen Stückkosten den Grenzkosten entsprechen.

Die fixen Kosten lassen sich nicht verursachungsgerecht den Produkten zuordnen. Sie müssen über einen Schlüssel auf die Produktarten verteilt werden.

Soll das Durchschnittsprinzip genutzt werden, wäre die in Anspruch genommende Fertigungszeit ein möglicher Schlüssel. Produktart A benötigt insgesamt 6.000 Fertigungsminuten, bei Produktart B sind es nur 2.000 Fertigungsminuten, insgesamt also 8.000 Fertigungsminuten. Somit können wir die Fixkosten von 12.000 Euro mit 1,5 Euro je Minute auf die 8.000 Fertigungsminuten verrechnen. Produktart A muss demnach 9 Euro Fixkosten tragen (6 Minuten Fertigungsstückzeit), Produktart B dagegen nur 6 Euro (4 Minuten Fertigungsstückzeit).

Wird dagegen das Tragfähigkeitsprinzip als Verrechnungsprinzip herangezogen, lassen sich die Marktpreise zur Kostenverrechnung nutzen. Der voraussichtliche Umsatz mit Produktart A beträgt 20.000 Euro, der mit B dagegen lediglich 4.000 Euro. Insgesamt stehen den Fixkosten von 12.000 Euro demnach ein Umsatz von 24.000 Euro gegenüber. Mit anderen Worten: Pro einem Euro Umsatz sind 0,5 Euro Fixkosten zu verrechnen. Demnach muss Produktart A dann 10 Euro Fixkosten je Stück tragen, Produktart B dagegen nur 4 Euro je Stück.

Letztlich lässt sich feststellen, dass die einzelnen Verrechnungsprinzipen durchaus zu anderen Kostenverteilungen führen. Beachten Sie dies insbesondere, wenn Sie von Ist-Kosten im Rahmen Ihres Kostenrechnungssystems sprechen. Die Höhe der Ist-Kosten eines Produktes ist somit von der Wahl und der Ausgestaltung des Verrechnungsprinzips abhängig. Und damit ist auch der Ausweis von Ist-Kosten mit einer gewissen Unsicherheit verbunden.

 

Last Updated on