Zuschlagskalkulation – Kostenträgerrechnung

Die Zuschlagskalkulation findet als Kostenträgerrechnung Anwendung, wenn ein Betrieb verschiedene Arten von Produkten in mehrstufigen Produktionsabläufen bei unterschiedlicher Kostenverursachung und laufender Veränderung der Lagerbestände herstellt. Damit ist sie die universelle Kalkulationsmethode zur Produktkalkulation im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung. Als besondere Form kommt sie auch als Handelskalkulation vor.

Trennung in Einzelkosten und Gemeinkosten

Die Zuschlagskalkulation unterstellt eine Trennung der Kosten in Einzel- und Gemeinkosten, wie sie auch in den bisherigen Darstellungen auf dieser Website und in den klassischen Kostenrechnungssystemen zu finden ist. Die Einzelkosten werden direkt (und per Definition verursachungsgerecht) den Kostenträgern zugerechnet, wohingegen die Gemeinkosten mittels Zuschläge (ermittelt im Rahmen der Kostenstellenrechnung) über Bezugsgrößen auf die Kostenträger verteilt werden. Zur Problematik der Verrechnung von Gemeinkosten können Sie unter dem entsprechenden Menüpunkt einige Hinweise lesen. In der Regel ist zur Bestimmung der Gemeinkostenverrechnunggssätze das Werkzeuge Betriebsabrechnungsbogen in der Verwendung.

Summarische Zuschlagskalkulation

Grundsätzlich unterscheidet man die summarische (kumulative) von der differenzierenden Zuschlagskalkulation:

Bei der summarischen Variante der Zuschlagskalkulation sind die gesamten Gemeinkosten des Betriebes über einen einzigen Zuschlag zu verrechnen. Als Zuschlagsgrundlage werden meist die gesamten Einzelkosten, manchmal auch nur die Einzellohnkosten oder die Einzelmaterialkosten verwendet. Beispielhaft sei folgende Situation unterstellt: Ein Produkt verursache Lohneinzelkosten in Höhe von 10 Euro je Stück des Produktes. Die gesamten Gemeinkosten des Betriebes betragen 500.000 Euro und sind dabei doppelt so hoch wie die Lohneinzelkosten von insgesamt 250.000 Euro. Dann beträgt der Zuschlagssatz 200%, wenn die Lohneinzelkosten die Zuschlagsbasis bilden. Somit muss das Beispielprodukt neben den 10 Euro Lohneinzelkosten pro Stück dann auch 20 Euro Gemeinkosten pro Stück tragen. Somit steht in diesem Fall das Tragfähigkeitsprinzip im Blickpunkt. Denn je höher die (Lohn-)Einzelkosten pro Stück sind, um so höher sind auch die Gemeinkosten pro Stück anzusetzen.

Als vereinfachtes Rechenschema der summarischen Zuschlagskalkulation gilt:

Materialeinzelkosten

+ Fertigungseinzelkosten

+ Vertriebseinzelkosten

= Summe der Einzelkosten

 

Summe der Einzelkosten

+ Gemeinkostenzuschlag

= Selbstkosten

Dabei errechnet sich der Gemeinkostenzuschlagssatz als prozentualer Zuschlag auf die gesamten Einzelkosten oder auf eine einzelne Einzelkostenart.

Übungsaufgabe zur summarischen Zuschlagskalkulation

Gegeben sei folgender Ausschnitt aus dem Betriebsabrechnungsbogen einer Kostenstellenrechnung:

MaterialFertigung IFertigung IIFertigung III
Gemeinkosten in Euro4.5007.50016.00012.000
Bezugsgrößen3.000 kg150 Std.400 Std.600 Std.

 

Ermitteln Sie die Herstellkosten pro Stück eines Endproduktes mit folgenden stückbezogenen Daten auf Basis der summarischen Zuschlagskalkulation:

Ein Stück des Endproduktes setzt sich aus 2 kg Einzelmaterial zu 4 Euro je kg zusammen.

In Fertigungsstelle I werden 6 Maschinenminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

In Fertigungsstelle II werden 9 Akkordminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

In Fertigungsstelle III werden 12 Maschinenminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

Es fallen 14 Euro Einzellöhne in Fertigung I bis III pro Stück des Endproduktes an.

Insgesamt werden Einzellöhne in Höhe von 21.538 Euro gezahlt.

Lösung zur Aufgabe zur summarischen Zuschlagskalkulation

Die konkreten Einzelinformationen zu den Gemeinkosten werden bei der summarischen Zuschlagskalkulation ignoriert. Stattdessen sind die Gemeinkosten lediglich zu addieren. In diesem Fall beträgt die Summe der Gemeinkosten 40.000 Euro. Sie ergibt sich aus den Einzelwerten der Gemeinkosten der Kostenstellen Material und Fertigung I bis III.

Dann wird die Summe der Gemeinkosten (40.000 Euro) zu den Einzelkosten (21.538 Euro) in Bezug gesetzt, woraus sich der Zuschlagssatz von 185,7% auf die Einzelkosten ergibt.

Demnach sind pro Stück des Produktes neben den 14 Euro Einzelkosten auch noch 26 Euro Gemeinkosten zu verrechnen, woraus sich gesamte Herstellkosten von 42 Euro ergeben.

Die Selbstkosten lassen sich in diesem Fall nicht berechnen, da keine Informationen zu den Verwaltungs- und Vertriebskosten vorliegen.

Differenzierende Zuschlagskalkulation

Im Unterschied dazu müssen Sie bei der differenzierenden Variante die Gemeinkosten getrennt voneinander den Bereichen Material, Fertigung, Verwaltung, Vertrieb etc. zuschlagen, wofür Sie individuelle Verrechnungssätze bilden müssen. Diese Vorgehensweise folgt dem Aufbau des zuvor dargestellten Betriebsabrechnungsbogens der Kostenstellenrechnung. Je mehr Hauptkostenstellen Sie bilden, umso mehr Zuschlagssätze ergeben sich.

Dabei sind die Materialgemeinkosten in der Regel als Zuschlag auf die Materialeinzelkosten zu verrechnen. In diesem Fall wird das Tragfähigkeitsprinzip genutzt. Nur selten wird für die Materialgemeinkosten eine andere Bezugsgröße als die Materialeinzelkosten gewählt, beispielsweise das Gewicht oder die Größe eines Produktes. Wieso aber fallen überhaupt Materialgemeinkosten an? Der eigentliche Materialverbrauch verursacht Materialeinzelkosten. Allerdings gibt es für das Material auch eine Beschaffung, eine Materialbedarfsermittlung, eine Bestandsführung, eine Bestellmengenplanung, also eine umfassende Materialwirtschaft bzw. Materialdisposition. Das kann soweit gehen, dass zur Materialwirtschaft auch die Lagerhaltung und die daraus entstehenden Lagerkosten mit hinzurechnet. All diese Tätigkeiten zur Materialdisposition und Lagerhaltung werden oftmals über eine Kostenstellen Material (oder über mehrere Materialkostenstellen) abgebildet. Und die damit verbundenen Kosten bilden die Materialgemeinkosten.

Ergänzend sind Fertigungsgemeinkosten über Fertigungseinzelkosten (Anwendung des Tragfähigkeistprinzips) oder über Fertigungszeiten (Anwendung des Durchschnittsprinzips) zu verrechnen.

Sämtliche Material- und Fertigungskosten bilden die Herstellkosten. Abschließend errechnet man für Verwaltungs- und Vertriebskosten in der Regel einen Zuschlag auf die Herstellkosten und addiert eventuelle Vertriebseinzelkosten oder Sondereinzelkosten des Vertriebs.

Somit nutzt man bei der differenzierenden Zuschlagskalkulation in der Regel neben dem Tragfähigkeitsprinzip auch das Durchschnittsprinzip zur Verrechnung der Gemeinkosten.

(Allgemeines) Rechenschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation

Die Stückkosten eines Produktes lassen sich nach dem folgenden allgemeinen Rechenschema zur Zuschlagskalkulation berechnen.

Materialeinzelkosten

+ Materialgemeinkosten = Materialkosten

Betrachten Sie in diesen Zusammenhang oben stehende Aussagen zur Entstehung der Materialgemeinkosten im Zusammenhang mit der Materialdisposition, der Materialwirtschaft und der Lagerhaltung.

 

Fertigungseinzelkosten

+ Fertigungsgemeinkosten

+ Sondereinzelkosten der Fertigung

= Fertigungskosten

Hinweis: Sondereinzelkosten der Fertigung ergeben sich oftmals daraus, dass Kosten einer Produktart, nicht aber dem einzelnen Stück der Produktart verursachungsgerecht zugewiesen werden können. Das ist beispielsweise der Fall, wenn für eine Produktart (und nur für diese) ein Spezialwerkzeug genutzt wird.

 

Die Summe aus Materialkosten und Fertigungskosten ergibt die Herstellkosten.

 

Herstellkosten

+ Vertriebseinzelkosten

+ Vertriebsgemeinkosten

+ Sondereinzelkosten des Vertriebs

+ Verwaltungsgemeinkosten

= Selbstkosten

Wenn keine Vertriebseinzelkosten oder keine Sondereinzelkosten des Vertriebs (z. B. für bestimmte Verpackungseinrichtungen einer Produktart) anfallen, entfallen diese (natürlich) aus der Berechnung.

Sonderformen der Zuschlagskalkulation

Eine Sonderform der Zuschlagskalkulation stellt die Lohnzuschlagskalkulation dar, bei der die Materialgemeinkosten auf Basis der Materialeinzelkosten, die wichtige Gruppe der Fertigungsgemeinkosten als Ganzes auf Basis der Fertigungslöhne und die Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten auf Basis der Herstellkosten zu verrechnen sind. Ansonsten unterscheidet sich diese Methode von der klassischen differenzierenden Zuschlagskalkulation nicht.

Lohnzuschlagskalkulation

Wenn stattdessen die Fertigungsgemeinkosten auf Basis von Maschinenstunden verrechnet werden, spricht man auch von einer Maschinenstundensatzkalkulation. Ebenso wie bei der Lohnzuschlagskalkulation sind in diesem Fall die Materialgemeinkosten auf Basis der Materialeinzelkosten und die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten auf Basis der Herstellkosten zu berücksichtigen.

„Die Maschinenstundensätze werden in Fertigungsunternehmen eingesetzt, die stark von Maschinen und Automatisierung geprägt sind. Dies sind beispielsweise die Press- und Stanztechnik, die Blech- und Umformtechnik, der Werkzeugbau oder die Kunststofftechnik. “ (Quelle: https://www.duhatschek-winkler.de/maschinenstundensatzrechnung/)

Letztlich gibt es somit viele unterschiedliche Bezeichnungen für immer wieder das gleiche Berechnungsschema, bei dem sich am Ende nur die Zuschlagsbasis der Gemeinkosten einer jeden Kalkulation unterscheidet.

Lernvideo zur Zuschlagskalkulation

Die einzelnen Varianten der Zuschlagskalkulation sind auch in einem kurzen Lernvideo erklärt, das Sie sich an dieser Stelle ansehen können:

Übungsaufgabe zur differenzierenden Zuschlagskalkulation

Gegeben sei folgender Ausschnitt aus dem Betriebsabrechnungsbogen einer Kostenstellenrechnung:

MaterialFertigung IFertigung IIFertigung III
Gemeinkosten in Euro4.5007.50016.00012.000
Bezugsgrößen3.000 kg150 Std.400 Std.600 Std.

Die Materialgemeinkosten umfassen dabei die Kosten der Materialdisposition, der Materialwirtschaft und der Lagerhaltung. Dagegen berücksichtigen die Fertigungsgemeinkosten die Kosten für die Fertigungsplanung, die Arbeitsvorbereitung und die Rüstkosten.

Ermitteln Sie die Herstellkosten pro Stück eines Endproduktes mit folgenden stückbezogenen Daten:

Ein Stück des Endproduktes setzt sich aus 2 kg Einzelmaterial zu 4 Euro/kg zusammen.

In Fertigungsstelle I werden 6 Maschinenminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

In Fertigungsstelle II werden 9 Akkordminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

In Fertigungsstelle III werden 12 Maschinenminuten pro Stück des Endproduktes benötigt.

Es fallen 14 Euro Einzellöhne in Fertigung I bis III pro Stück des Endproduktes an.

 

Lösungsvorschlag zur Aufgabe zur Zuschlagskalkulation

Aus den Ausgangsdaten ergeben sich die folgenden Zuschlagssätze:

Materialzuschlagssatz: 4.500 Euro / 3.000 kg = 1,5 Euro je Kilogramm (Durchschnittsprinzip)

Fertigung I: 7.500 Euro / 150 Stunden = 50 Euro je Stunde (Durchschnittsprinzip)

Fertigung II: 16.000 Euro / 400 Stunden = 40 Euro je Stunde (Durchschnittsprinzip)

Fertigung III: 12.000 Euro / 600 Stunden = 20 Euro je Stunde (Durchschnittsprinzip)

 

Demnach ergeben sich für das Produkt die folgenden Herstellkosten je Stück:

Materialeinzelkosten: 8 Euro je Stück (wegen des Gewichts von 2 kg)

Materialgemeinkosten: 3 Euro je Stück (wegen des Gewichts von 2 kg)

Die Summe der Materialkosten beträgt demnach 11 Euro je Stück.

Lohneinzelkosten (Fertigungseinzelkosten): 14 Euro je Stück

Fertigungsgemeinkosten I: 5 Euro (6 Minuten entsprechen 0,1 Stunden bei 50 Euro je Stunde)

Fertigungsgemeinkosten II: 6 Euro (9 Minuten entsprechen 0,15 Stunden bei 40 Euro je Stunde)

Fertigungsgemeinkosten III: 4 Euro (12 Minuten entsprechen 0,2 Stunden bei 20 Euro je Stunde)

Die Summe der Fertigungskosten beträgt demnach 29 Euro je Stück

Herstellkosten sind die Summe aller Material- und Fertigungskosten und demnach 40 Euro je Stück. Auch in diesem Fall können die Selbstkosten nicht bestimmt werden, da Informationen zu den Verwaltungs- und Vertriebskosten fehlen.

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