Handelskalkulation und Handlungskosten

Die Handelskalkulation als Konzept der Kostenträgerstückrechnung zeigt, wie der Einzelhandel und der Großhandel aus gegebenen Kosten mögliche Verkaufspreise ableiten können. Dazu erstreckt sich die Rechnung über drei Schritte. Zunächst ist die Bezugskalkulation durchzuführen, dann folgt die Kalkulation der Selbstkosten, und schließlich ist die eigentliche Verkaufskalkulation zu realisieren. Selbstverständlich können die tatsächlichen Preise aufgrund Marketing-politischer Ziele wie Preisführerschaft und Preisdifferenzierung auf von den kostenrechnerisch bestimmten Preisen abweichen.

Handelskalkulation

Da es im Unterschied zur Kalkulation in der Industrie keine klassischen Herstellkosten gibt, unterscheidet sich das Kalkulationsschema grundlegend von dem der Industriekalkulation. Dort kommen vor allem die Zuschlagskalkulation und die Kuppelkalkulation zum Einsatz. Andere Methoden wie die Divisionskalkulation oder die Äquivalenzziffernkalkulation bieten kaum Einsatzmöglichkeiten.

„Mit der Handelswarenkalkulation berechnen Unternehmen den Verkaufspreis für ihre Produkte, bei dem sämtliche Kosten eingepreist sind und durch den Verkauf ein Gewinn erzielt werden kann.“ (Quelle: https://agicap.com/de/artikel/handelswarenkalkulation/)

Bezugskalkulation

Die Bezugskalkulation erfolgt nach dem nachstehenden Berechnungsschema:

Listeneinkaufspreis (netto, ohne Umsatzsteuer)

– Lieferrabatt

= Zieleinkaufs- bzw. Rechnungspreis (netto)

– Lieferskonto

= Bareinkaufspreis (netto)

+ Bezugskosten

= Bezugspreis bzw. Einstandspreis (netto)

Zu den Bezugskosten zählen vor allem Transportkosten (z.B. Fracht oder Rollgeld), Kosten der Verpackung und der Transportversicherung, bei Importgütern auch Zölle, eventuelle Montagekosten und sonstige Auslagen, die im Zusammenhang mit der Beschaffung der Handelsware stehen.

Kalkulation der Selbstkosten im Handel

Die Bestimmung der Selbstkosten als Teil der Handelskalkulation erfolgt nach folgendem Schema:

Bezugspreis bzw. Einstandspreis (netto)

+ Handlungskosten

+ Lagerzins

= Selbstkostenpreis (netto)

Prinzipiell gliedern sich die Handlungskosten in Handlungseinzelkosten und Handlungsgemeinkosten. Da die Handlungskosten die Kostenbestandteile der Leistung des Handels umfassen (Lagerung, Bereitstellung und Vertrieb der Waren) lassen sich diese nur selten verursachungsgerecht der Handelsware zuordnen, weshalb der Anteil der Handlungsgemeinkosten dominiert. In der Praxis wird deshalb häufig mit einem durchschnittlichen prozentualen Zuschlag auf den Bezugspreis gearbeitet. Alternativ könnte mit einer Prozesskostenrechnung untersucht werden, ob bestimmte Handelsware individuelle Lagerungs- oder Bereitstellungsprozesse in Anspruch nimmt, die dann auch als Einzelkosten verrechenbar wären.

Bitte bedenken Sie, dass die Kosten der Lagerung, der Bereitstellung und des Vertriebs der Waren eine funktionsorientierte Betrachtung von Kosten darstellen. Lagerungs- und Bereitstellungskosten selbst umfassen zahlreiche Kostenarten, so z.B.

  • Personalkosten für das Team, das sich um Lagerung, Beschaffung und Vertrieb kümmert,
  • Abschreibungen für das dabei genutzte Sachanlagevermögen (z.B. die Verkaufsregale oder die Einrichtung der Büroarbeitsplätze),
  • Fremdleistungskosten (z.B. für die Energienutzung, Nutzung von Telekommunikationsleistungen, externe Reinigungsdienstleistungen etc.).

Außerdem ist ein Gemeinkostenzuschlag für sämtliche Aufgaben der Verwaltung und Steuerung des Handelsunternehmens notwendig. Folgerichtig ist ein hoher zweistelliger Zuschlagsatz für die Handlungskosten auf den Bezugspreis nicht ungewöhnlich.

Verkaufspreiskalkulation im Handel

Letztlich können Sie zur Handelskalkulation den Verkaufspreis wie folgt berechnen:

Selbstkostenpreis (netto)

+ Gewinnzuschlag

= Barverkaufspreis (netto)

+ Kundenskonto

= Zielverkaufspreis bzw. Rechnungspreis (netto)

+ Kundenrabatt

= Listenverkaufspreis bzw. Nettoverkaufspreis (netto)

+ Umsatzsteuer

= Bruttoverkaufspreis (brutto)

Erst im letzten Schritt der Verkaufspreiskalkulation wird die Umsatzsteuer addiert. Bis dahin erfolgen alle Rechenschritte auf Netto-Basis, da die Umsatzsteuer für den Handelsbetrieb einen durchlaufenden Posten darstellt.

Lernvideo zur Verkaufspreiskalkulation

Schauen Sie sich im folgenden Lernvideo noch einmal die wichtigsten Schritte zur Verkaufspreiskalkulation als Teil der Kostenträgerstückrechnung an:

Vorwärtskalkulation und Rückwärtskalkulation

Die Handelskalkulation wird als Vorwärtskalkulation bezeichnet, wenn ausgehend vom Listeneinkaufspreis der (Brutto-)Verkaufspreis bestimmt wird. Diese Vorgehensweise ist für die Ist-Kostenrechnung durchaus typisch.

Alternativ kann es gerade auch für das Beschaffungscontrolling sinnvoll sein, vom (Brutto-)Verkaufspreis im Sinne eines typischen Marktpreises auszugehen und dann rückwärts auszurechnen, welche Selbstkostenpreise, Bezugspreise oder Listeneinkaufspreise realisiert werden müssen, um den in der Kalkulation angestrebten Gewinn realisieren zu können. In der Industrie spricht man bei einem vergleichbaren Vorgehen vom Target Costing bzw. Zielkostenmanagement mit der Methode Market Into Company. Die Rückwärtskalkulation der Handelskalkulation eignet sich vor allem, wenn im Sinne einer Plankostenrechnung die Höhe der Kosten zu bestimmen ist.

Allerdings muss die Kostenrechnung nicht die einzige Bestimmungsgröße für Preise liefern. Gerade, wenn eine Preisdifferenzierung aus Sicht des Marketings angestrebt wird, spielen auch viele vertriebsrelevante Parameter für die Preisfindung eine Rolle.

Bedeutung der Handelskalkulation für Handelsunternehmen

Die Handelskalkulation spielt eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg von Handelsunternehmen, da sie dazu beiträgt, die Rentabilität zu maximieren, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und eine effiziente Ressourcennutzung zu gewährleisten. In diesem ausführlichen Artikel werde ich die Bedeutung der Handelskalkulation für Handelsunternehmen erläutern und anhand zahlreicher praktischer Beispiele verdeutlichen, wie sie im Geschäftsalltag angewendet wird.

Ermittlung von Verkaufspreisen

Eine der wichtigsten Funktionen der Handelskalkulation besteht darin, die Verkaufspreise für die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen festzulegen. Durch die Berücksichtigung der Einkaufspreise, der Handelskosten (z. B. Lagerhaltung, Vertrieb) und der angestrebten Gewinnmarge können Handelsunternehmen wettbewerbsfähige Preise festlegen, die sowohl attraktiv für Kunden sind als auch eine angemessene Rendite für das Unternehmen ermöglichen.

Beispiel: Ein Einzelhandelsgeschäft kauft T-Shirts zu einem Einkaufspreis von 10 Euro pro Stück ein. Die Handelskosten (Lagerhaltung, Vertrieb) belaufen sich auf 3 Euro pro Stück, und das Unternehmen strebt eine Gewinnmarge von 30% an. Die Handelskalkulation ergibt einen Verkaufspreis von 16,90 Euro pro T-Shirt.

Kontrolle der Handelsmargen

Die Handelskalkulation ermöglicht es Handelsunternehmen, die Handelsmargen ihrer Produkte oder Produktgruppen zu kontrollieren und zu optimieren. Indem die Einkaufspreise und Handelskosten regelmäßig überwacht und analysiert werden, können Unternehmen Schwachstellen identifizieren und geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre Margen zu verbessern und ihre Rentabilität zu steigern.

Beispiel: Ein Großhändler beobachtet, dass die Handelsmargen für eine bestimmte Produktlinie in den letzten Monaten gesunken sind. Durch eine detaillierte Analyse der Einkaufspreise und Handelskosten stellt das Unternehmen fest, dass die Lagerhaltungskosten aufgrund ineffizienter Lagerprozesse gestiegen sind. Durch die Optimierung der Lagerhaltung kann das Unternehmen seine Handelsmargen wieder verbessern.

Planung von Einkaufsvolumen und Beständen im Handel

Die Handelskalkulation dient auch als Grundlage für die Planung von Einkaufsvolumen und Beständen, um sicherzustellen, dass Handelsunternehmen über ausreichende Mengen verfügen, um die Nachfrage ihrer Kunden zu decken, gleichzeitig aber auch Überbestände und Lagerkosten zu vermeiden.

Beispiel: Ein Supermarkt verwendet die Handelskalkulation, um den Bedarf an bestimmten Produkten für die kommenden Monate zu prognostizieren. Basierend auf historischen Verkaufsdaten, erwarteten Nachfrageänderungen und geplanten Werbeaktionen bestellt das Unternehmen die richtigen Mengen, um die Kundennachfrage zu befriedigen, ohne überschüssige Bestände anzuhäufen.

Bewertung von Lagerbeständen und Vermögenswerten des Handels

Die Handelskalkulation ist auch wichtig für die Bewertung von Lagerbeständen und Vermögenswerten, um die finanzielle Gesundheit und den Wert des Unternehmens zu ermitteln. Durch die regelmäßige Bewertung von Lagerbeständen können Handelsunternehmen sicherstellen, dass ihre Bilanzwerte korrekt ausgewiesen sind und potenzielle Risiken oder Chancen frühzeitig erkannt werden.

Beispiel: Ein Textilgroßhändler wendet die Handelskalkulation an, um den Wert seines Lagerbestands zum Ende eines Quartals zu ermitteln. Basierend auf den aktuellen Einkaufspreisen und Handelskosten wird der Wert der Lagerbestände berechnet und in der Bilanz ausgewiesen. Eine genaue Bewertung der Lagerbestände ermöglicht es dem Unternehmen, fundierte Entscheidungen über Lagerhaltung, Preisgestaltung und Liquiditätsplanung zu treffen.

Handelskalkulation zur Unterstützung bei Investitionsentscheidungen

Die Handelskalkulation kann auch als Entscheidungshilfe für Investitionen in neue Produkte, Märkte oder Geschäftsbereiche dienen. Durch die Analyse der erwarteten Kosten, Einnahmen und Rentabilität neuer Geschäftsmöglichkeiten können Handelsunternehmen fundierte Investitionsentscheidungen treffen und potenzielle Risiken oder Chancen frühzeitig identifizieren.

Beispiel: Ein Einzelhandelsunternehmen plant die Einführung einer neuen Produktlinie in seinem Sortiment. Durch eine detaillierte Handelskalkulation werden die erwarteten Kosten für den Einkauf, die Lagerhaltung und den Vertrieb der neuen Produkte analysiert, um ihre Rentabilität und Beitrag zum Gesamtumsatz des Unternehmens zu bewerten. Basierend auf diesen Erkenntnissen kann das Unternehmen entscheiden, ob die Investition in die neue Produktlinie rentabel ist und umgesetzt werden sollte.

Fazit zur Handelskalkulation

Die Handelskalkulation spielt eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg von Handelsunternehmen, indem sie zur Festlegung von Verkaufspreisen, Kontrolle von Handelsmargen, Planung von Einkaufsvolumen und Beständen, Bewertung von Lagerbeständen und Vermögenswerten sowie Unterstützung bei Investitionsentscheidungen beiträgt. Durch den gezielten Einsatz der Handelskalkulation können Handelsunternehmen ihre Rentabilität steigern, ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und eine effiziente Ressourcennutzung gewährleisten.

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