Kalkulation im Handwerk

Die Kalkulation im Handwerk erfolgt rechnerisch sehr einfach. Denn viele Handwerksbetriebe weisen bei ihren Endkundenrechnungen neben den Materialkosten nur noch die Arbeitskosten in Form von Stundenverrechnungssätze aus. Damit folgt die Kalkulation im Handwerk im Wesentlichen dem Prinzip der Divisionskalkulation.

Kalkulation im Handwerk

„Für viele Handwerker ist es eine schwierige Frage: Wie soll ich Preise so kalkulieren, dass sie einerseits meine tatsächlichen Kosten decken, andererseits aber mit der Konkurrenz mithalten und den Kundenwünschen entsprechen?“ (Quelle: https://www.berliner-sparkasse.de/fi/home/ratgeber/ratgeber-handwerk/preiskalkulation.html)

Arbeitswert als Teil der Handwerkerrechnung

Sie kennen das vielleicht von einer Kfz-Werkstatt, die Ihnen neben dem verbrauchten Material noch einen Arbeitswert in Rechnung stellt. Der Arbeitswert ist dabei ein Kostensatz pro Zeiteinheit und wird z.B. in Euro pro 6 Minuten angegeben. Tatsächlich könnte statt eines 6-Minuten-Slots auch gleich ein Stundensatz ausgewiesen werden, der den Kunden aufgrund seiner Höhe aber möglicherweise verschrecken würde. 15 Euro pro Arbeitswert klingen für den Kunden besser als 150 Euro pro Stunde, auch wenn es auf das Gleiche hinausläuft, wenn der Arbeitswert auf einen 6-Minuten-Slot gerechnet ist.

Die Materialkosten sind bei vielen Handwerkerrechnungen als Einzelkosten verursachungsgerecht ausweisbar, wohingegen der Arbeitswert oder Stundenverrechnungssatz alle anderen Kosten des Betriebs beinhaltet und somit nach dem Durchschnittsprinzip ermittelt wird. Wie aber lässt sich der Stundenverrechnungssatz ganz konkret bestimmen?

Gesamtkapazität des Handwerk-Betriebes

Zunächst müssen Sie zur Kalkulation im Handwerk die verrechenbaren Stunden pro Jahr im Sinne der Gesamtkapazität des Betriebes bestimmen. Dazu sind auf Basis des einzelnen Mitarbeiters ausgehend von 365 Kalendertagen pro Jahr alle Wochenendtage, an denen der Betrieb geschlossen ist, und alle bezahlten Urlaubstage, Feiertage und erwartete Krankheitstage des Mitarbeiters zu subtrahieren. Bei 104 Wochenendtagen, 25 Urlaubstagen, 10 Feiertagen und 11 Krankheitstagen bleiben dann nur noch 215 Tage übrig.

Wenn Sie jetzt noch Schlechtwettertage, an denen nicht gearbeitet werden kann, Schulungstage oder Unterweisungstage subtrahieren, erhalten Sie die Anwesenheitszeit des Mitarbeiters in Tagen pro Jahr. Beispielsweise müssen wir noch 15 Tage pro Jahr aufgrund der genannten Gründe subtrahieren und kommen so auf 200 Anwesenheitstage pro Jahr. Bei einer Anwesenheitszeit von 8 Stunden pro Tag erhalten Sie dann 1.600 Anwesenheitsstunden pro Jahr. Mit dieser Stundenzahl können Sie dann die Kalkulation der Kosten fortsetzen.

Verrechenbare Stunden pro Jahr zur Kalkulation im Handwerk

Von den bestimmten Anwesenheitsstunden pro Jahr müssen Sie jetzt noch die unproduktiven Stunden des Mitarbeiters subtrahieren. Das sind alle Stunden, die Sie am Ende dem Kunden nicht in Rechnung stellen können. Dabei kann es sich um Anwesenheitsstunden halten, die der Mitarbeiter im eigenen Lager verbringt, mit der Reinigung von Werkzeug verbringt, das Auto belädt oder Ähnliches. Wenn Sie einmal davon ausgehen, dass rund 200 Stunden pro Jahr unproduktiv sind, bleiben noch 1.400 produktive Stunden pro Jahr übrig.

Die obenstehende Rechnung müssen Sie für jeden Mitarbeiter durchführen. Bei 3,5 Mitarbeiter, die alle 1.400 produktive Stunden pro Jahr leisten, kommen Sie dann auf 4.900 verrechenbare Stunden pro Jahr.

Jetzt haben Sie schon einmal die Bezugsgröße Ihres Stundensatzes ausgerechnet. Doch welche Kosten sind darauf zu verrechnen? Häufig spielen im Handwerk die Personalkosten eine große Rolle. Damit Sie deren Höhe bestimmen können, sollten Sie zunächst die Zuschlagsätze für die Lohnnebenkosten bestimmten.

Berechnung der Personalkosten

Sie erhalten die (prozentualen) Lohnnebenkosten, indem Sie die prozentualen Arbeitgeberanteile für

  • die Rentenversicherung,
  • die Kranken- und Pflegeversicherung,
  • die Arbeitslosenversicherung,
  • die Berufsgenossenschaft,
  • die Lohnfortzahlungsumlage,
  • die Mutterschaftsumlage und
  • die Sozialkassen, getrennt nach Mitarbeitern in Produktion und Verwaltung ausrechnen.

Dass Sie dabei nach Mitarbeitern in Produktion und Verwaltung unterscheiden, ist deshalb wichtig, da die Kosten für die Berufsgenossenschaft (Unfallversicherung) sich je nach Art der Tätigkeit deutlich unterscheiden. Nicht selten kommen Sie hier insgesamt auf einen prozentualen Zuschlag von 25 Prozent auf die eigentlichen Personalentgelte (Löhne und Gehälter).

Bestimmen Sie jetzt die Personalkosten. Dazu nehmen Sie die zu zahlenden Löhne und Gehälter Ihrer Mitarbeiter als Grundlage. Mitarbeiter in der „Produktion“ erhalten oft einen Lohn pro Stunde, den Sie dann auf den Monat hochrechnen müssen, Mitarbeiter in der Verwaltung erhalten meist ein Gehalt pro Monat. Vergessen Sie auch die Entlohnung von geringfügig Beschäftigten („450 Euro-Kräfte“) und von Auszubildenden (Lehrlingen) nicht. Und denken Sie an eventuelle Sonderzahlungen (Leistungsprämien, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld etc.). Zahlen Sie beispielsweise einem Mitarbeiter in der „Produktion“ bei einer 40-Stunden-Woche 15 Euro pro Stunde, dann sind das in der Woche 600 Euro und bei 52 Wochen pro Jahr dann insgesamt 31.200 Euro. Wenn Sie keine Sonderzahlungen gewähren, dann addieren Sie jetzt noch die Lohnnebenkosten von z.B. 25%, und Sie kommen auf Personalkosten von 39.000 Euro pro Jahr.

Zuvor hatten wir bei der Bestimmung der verrechenbaren Stunden mit 3,5 Mitarbeitern gerechnet. Erhalten in Ihrem Betrieb alle Mitarbeiter die gleiche Vergütung, dann haben Sie im Beispiel insgesamt Personalkosten von 136.500 Euro pro Jahr. Doch neben den Personalkosten fallen noch viele weitere Kosten an.

Berechnung der Sachkosten

Neben den Personalkosten sind die Sachkosten für die Kalkulation im Handwerk von großer Bedeutung. Dazu zählen exemplarisch Miete, Mietnebenkosten, Beiträge, Gebühren & Abgaben, Reisekosten, Fahrzeugkosten, Bewirtungskosten, Grundsteuer, Büromaterial, Versicherungen, Kommunikationskosten usw. Letztlich sind es (fast) alle weiteren Kosten, die nicht bereits in den Personalkosten enthalten sind. Aber warum sind es nur fast alle weiteren Kosten? Das liegt daran, dass wir noch die Kosten der Finanzierung und die kalkulatorischen Kosten getrennt ausweisen wollen.

Die Kosten der Finanzierung umfassen Zinszahlungen für aufgenommene Kredite sowie Leasing- oder Mietkaufraten. Tilgungen gehören jedoch nicht zu den Kosten, denn Tilgungsleistungen haben keinen Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens, sondern nur auf Umlaufvermögen und Verbindlichkeiten in der Bilanz.

Berechnung der kalkulatorischen Kosten

Zu den kalkulatorischen Kosten zählen die kalkulatorischen Abschreibungen für das Sachanlagevermögen des Unternehmens, z.B. für gekaufte Fahrzeuge, aktivierungspflichtige Einrichtungsgegenstände oder Gebäude im Eigentum. Außerdem sollten Sie eine kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung bestimmen. Damit berücksichtigen Sie, dass Sie das Eigenkapital auch anderweitig hätten verwenden können, statt es in das Unternehmen zu investieren. Unter Risikogesichtspunkten können Sie hier durchaus mit einem Zinssatz von 5 bis 8 Prozent pro Jahr arbeiten, ohne zu gierig zu sein.

Da viele Handwerksunternehmen als Personengesellschaft firmieren, zählt die Entlohnung der Eigentümer des Unternehmens nicht zu den Personalkosten. In diesem Fall müssen Sie auch noch einen kalkulatorischen Unternehmerlohn ansetzen. Er ist in der Höhe der geplanten Privatentnahme anzusetzen, welche die Eigentümer benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Beachten Sie aber, dass in Kapitalgesellschaften wie einer GmbH die Eigentümerentlohnung bereits als Personalkosten erfasst ist und dann einen kalkulatorischen Unternehmerlohn überflüssig macht.

Jetzt haben Sie alle Kostenbestandteile für Ihre Handwerkskalkulation erfasst. Gehen wir einmal im Rechenbeispiel davon aus, dass die Sachkosten, Finanzierungskosten und kalkulatorische Kosten ebenso hoch sind wie die Personalkosten, also hier auch 136.500 Euro betragen. Dann haben Sie Gesamtkosten von 273.000 Euro zu berücksichtigen.

Stundenverrechnungssatz zur Handwerkskalkulation

Zur Bestimmung des Stundenverrechnungssatzes müssen Sie jetzt die Gesamtkosten (von 273.000 Euro) durch die verrechenbaren Stunden (hier: 4.900 Stunden) dividieren. Damit erhalten Sie einen Kostensatz von 55,71 Euro pro Stunde. Auf diesen kommt aber in der Regel noch ein Wagniskostenzuschlag, da Ihre Rechnung viele Unsicherheiten enthält. Insbesondere gehen Sie davon aus, dass jede potenziell verrechenbare Stunde auch tatsächlich gegenüber einem Kunden abgerechnet werden kann. Dagegen brauchen Sie keinen weiteren Gewinnzuschlag, da Sie diesen über den kalkulatorischen Unternehmerlohn und die Eigenkapitalzinsen bereits berücksichtigt haben.

Nehmen wir einmal einen Wagniszuschlag von 8 Prozent an, dann müssen wir noch einen Zuschlag von 4,46 Euro pro Stunde in Ansatz bringen und kommen So auf einen Stundenverrechnungssatz von insgesamt 60,17 Euro, also von rund 60 Euro pro Stunde.

Verstehen Sie jetzt, warum es zu Schwarzarbeit kommt? Während der Betrieb pro Stunde 60 Euro ansetzen muss, erhält der Mitarbeiter davon nur 15 Euro brutto. Da auch der Mitarbeiter noch Abzüge hat (für die Sozialversicherungen sowie Lohn- und Kirchensteuer), verbleiben ihm netto gerade mal etwa 11 Euro. Zwischen 11 und 60 Euro gibt es reichlich (illegalen) Verhandlungsspielraum.

Ausweg aus dem Kalkulationsdilemma im Handwerk

Wenn Sie der Gefahr von Schwarzarbeit entgegentreten wollen, dann verrechnen Sie keine Stundensätze!

Weichen Sie entweder auf Arbeitswerte aus, vielleicht derart, dass ein Arbeitswert gerade einmal 6 Minuten vergütet. Dann haben Sie schon im Beispiel statt 60 Euro pro Stunde nur 6 Euro pro Arbeitswert in Ihrer Handwerkskalkulation zu verrechnen. Der schlaue Kunde wird den Trick dennoch durchschauen. Deshalb ist es besser, nicht die abrechenbaren Stunden als Grundlage der Kalkulation zu nehmen, sondern auf Ersatz-Bezugsgrößen auszuweichen.

So macht es beispielsweise das Maler-Handwerk, das keine Stunden verrechnet, sondern Flächen in Quadratmeter, die gestrichen, verputzt oder tapeziert werden. Wenn der Anstrich 6 Euro pro Quadratmeter kostet, dann klingt das nicht teuer. Tatsächlich erwartet der Betrieb, in einer Stunde 10 Quadratmeter streichen zu können und so 60 Euro pro Stunde in Ansatz zu bringen… Das aber kann der Kunde nicht direkt erkennen, da man ihm keine Zeitangaben macht. Und sind 6 Euro pro Quadratmeter kein fairer Preis? Die Kalkulation im Handwerk kann so einfach sein.

Und bedenken Sie, im Bereich des Handwerks existiert kein vollkommener Markt, d.h. die potenziellen Kunden kennen in der Regel nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Markt. Auch diese hilft dabei, notwendige Preise durchzusetzen, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens sicherzustellen.

 

 

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