Kalkulation von Medikamenten

Die Kalkulation von verschreibungspflichtigen Medikamenten in Apotheken unterliegt besonderen Vorschriften, denn es handelt sich um einen regulierten Markt. Somit ist die Preisbildung nicht frei von der Apotheke bestimmbar. Vielmehr ist die Arzneimittelpreisverordnung zu berücksichtigen.

Apothekeneinkaufspreis für Medikamente

Die Grundlage der Preiskalkulation eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels bildet der Apotheken-Einkaufspreis. Er bestimmt sich auf Basis des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens (APU). Auf diesen Abgabepreis muss der Großhandel einen Aufschlag von 3,15% zuzüglich eines Festzuschlags von 0,73 Euro verrechnen. So erhält man dann den Apothekeneinkaufspreis (AEP), also:

AEP = APU * 1,0315 + 0,73 Euro.

Dabei ist der prozentuale Aufschlag von 3,15% allerdings auf 37,80 Euro gedeckelt. Seit 2012 gab es hier bis zum Jahr 2023 nur eine einzige Anpassung, nämlich im Juli 2023, als der Festzuschlag von 0,70 Euro auf 0,73 Euro angehoben wurde.

Der Großhändler darf grundsätzlich der Apotheke Rabatte gewähren und dabei den prozentualen Aufschlag reduzieren. Der Festzuschlag darf jedoch nicht verkleinert werden.

Verkaufspreis-Kalkulation des Medikaments

Der Verkaufspreis in der Apotheke (AVP, auch Abgabepreis oder Listenpreis) ist ebenfalls reguliert. Hier dienen ein Festzuschlag in Höhe von 8,35 Euro und ein prozentualer Aufschlag auf den Apotheken-Einkaufspreis (AEP) in Höhe von 3% der Finanzierung der Apotheke. Hinzu kommen zwei weitere kleine Zuschläge in Höhe von 0,21 Euro bzw. 0,20 Euro zur Finanzierung des Nacht- und Notdienstes und der pharmazeutischen Dienstleistungen. Diese beiden Festzuschläge bleiben jedoch nicht in den Apotheken, sondern werden in einen von der Apothekerschaft verwalteten Fonds eingezahlt. Aus diesem Fonds wird dann die Erbringung der Dienstleistung (z. B. Nachtdienst) bezahlt.

Grundsätzlich gilt für den Verkaufspreis der Medikamente somit die folgende Formel:

AVP = AEP * 1,03 + 8,35 Euro + 0,21 Euro + 0,20 Euro.

In Deutschland sind verschreibungspflichtige Medikamente umsatzsteuerpflichtig, und zwar sind sie mit dem regulären Umsatzsteuersatz von 19% belastet. Somit ergibt sich als Brutto-Apotheken-Verkaufspreis (BAVP) für ein Medikament:

BAVP = AVP * 1,19

Verkaufspreis bei einem selbst hergestellten Medikament

Neben den Fertigarzneimitteln, bei denen die Apotheke als Händler auftritt, verkauft eine Apotheke auch Medikamente, die in den Betriebsräumen der Apotheke selbst hergestellt werden. Für diese gibt es abweichende gesetzliche Regelungen. Da dieses Arzneimittel aber nur einen kleinen Teil des Umsatzes einer Apotheke ausmachen, soll an dieser Stelle nicht weiter auf die hier geltende, ebenfalls regulierte Preisgestaltung eingegangen werden. Eine Beispielrechnung für ein selbst hergestelltes Medikament auf Basis von Rezepturen finden Sie bspw. auf https://www.abda.de/apotheke-in-deutschland/preise-und-honorare/beispielrechnung/.

Beispiel zur Verkaufspreis-Kalkulation

Betrachten wir ein Medikament mit einem Abgabepreis von 1,86 Euro des pharmazeutischen Unternehmens:

1,86 Euro (Abgabepreis des Herstellers)

+ 0,06 Euro (3,15% Großhandelszuschlag)

+ 0,73 Euro (fixer Großhandelszuschlag)

= 2,65 Euro (Apotheken-Einkaufspreis)

+ 0,08 Euro (3% Apothekenaufschlag)

+ 8,35 Euro (fixer Apothekenaufschlag)

+ 0,21 Euro (Nacht- und Notdienstzuschlag)

+ 0,20 Euro (Zuschlag für pharmazeutische Dienstleistungen)

= 11,49 Euro (Netto-Verkaufspreis der Apotheke für das Medikament)

+ 2,18 Euro (19% Umsatzsteuer)

= 13,67 Euro Brutto-Apotheken-Verkaufspreis

Verdienst der Apotheke am Medikament

Eine Apotheke „verdient“ also zunächst einmal stolze 8,43 Euro am Verkauf des Medikamentes im Beispiel, das vom Hersteller für gerade einmal 1,86 Euro abgegeben wurde. Arzneimittel mit einem höheren Apotheken-Einkaufspreis ermöglichen wegen des Zuschlags von 3% auf den Einkaufspreis auch einen höheren „Verdienst“ der Apotheke. Von diesem Verdienst sind jedoch noch alle Kosten zu subtrahieren, die einer Apotheke entstehen, darunter die Arbeitsentgelte für die Angestellten (Personalkosten), die Miete für die Verkaufsräume, die Abschreibungen auf die Ausstattung, die Energiekosten, Kosten für andere Fremdleistungen (wie Versicherungen, Buchhaltung und Steuerberatung), Finanzierungskosten und Kosten für das Kassensystem.

2022 gab es rund 18.000 Apotheken in Deutschland, die durchschnittlich einen Umsatz von gut 3,2 Millionen Euro je Apotheke erwirtschaftet haben. Jedoch ist nicht der Umsatz entscheidend, sondern das Betriebsergebnis. Diese betrug nach Auskunft des DAV (Deutscher Apotheken Verlag Dr. Roland Schmiedel GmbH, abgerufen unter https://deutsche-apotheken-zeitung.de/news/artikel/2023/04/25/reales-betriebsergebnis-der-apotheken-auf-dem-niveau-von-vor-20-jahren) etwas mehr als 160.000 Euro pro Jahr. Das ist ein stolzes Ergebnis, doch Vorsicht ist geboten. Denn bei dem angegebenen Durchschnittswert handelt es sich um den arithmetischen Mittelwert aller Apotheken, der von einigen wenigen sehr gut verdienenden Apotheken in die Höhe getrieben wird. Aussagekräftiger wäre der Median, der Auskunft darüber geben könnte, wieviel die durchschnittliche Apotheke verdient, wenn der Verdienst vom kleinsten zum größten Betriebsergebnis geordnet ist. Dieser liegt jedoch nicht vor.

Bereinigt man die in der Berechnung betrachteten Apotheken jedoch um die Ausreißer-Apotheken mit besonders hohem Umsatz, würde der Durchschnittsumsatz einer Apotheke von den 3,2 Millionen Euro im Jahr auf 2,25 Millionen und damit um rund 30% sinken. Allein dies ist bereits ein Hinweis darauf, dass die Durchschnittsapotheke deutlich weniger als die 160.000 Euro pro Jahr verdient. Aufgrund von Größeneffekten, die sich beim Gewinn üblicherweise bemerkmal machen, sollte das durchschnittliche Betriebsergebnis dann um mehr als nur die 30% sinken.

Besonderheiten der Kalkulation

Über die folgenden Hinweise zu den Besonderheiten der Kalkulation informierte uns die kaufmännische Leitung Ariel Wagner der Seeapotheke in Bodman-Ludwigshafen am Bodensee (www.see-apo.de):

Die aufgeführten Zuschläge für Nacht- und Notdienstfonds bzw. pharmazeutische Dienstleistungen werden den Apotheken im Nachgang bei der monatlichen Rezeptabrechnung wieder abgezogen und einem Fonds zugeführt. Aus diesem erhalten die Apotheken je nach Notdienstanzahl bzw. geleisteten pharmazeutischen Dienstleistungen wiederum eine individuelle Vergütung. Der in der Kalkulation aufgeführte Nacht- und Notdienstzuschlag von 0,21 Euro kann also auch höher oder geringer ausfallen.

Die Apotheke ist zudem vom Gesetzgeber seit Jahren gezwungen, der Krankenkasse aus dem ermittelten Preis des Arzneimittels einen Abschlag zu zahlen. Dieser soll eine Vergütung für die pünktliche und zeitnahe Zahlung der Arzneimittel durch die Krankenkasse sein. Man könnte also sagen, es handele sich um eine Art Skonto für die Krankenkassen. Im Rahmen des Stabilisierungsgesetzes für die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) wurde dieser Kassenabschlag zuletzt von 1,73 Euro auf 2 Euro pro Arzneimittel angehoben. Das heißt, von der zuvor ermittelten Beispielvergütung wird den Apotheken knapp ein Viertel wieder abgezogen.

Die durchschnittliche Apotheke erzielt etwa 40 – 50% ihres Umsatzes mit hochpreisigen Arzneimitteln, also Präparaten deutlich über 1.000 Euro Nettoverkaufspreis. In diesem Segment spielt der fixe Apothekenaufschlag von 8,35 Euro (von dem – wie eben dargestellt – wiederum 2 Euro an die Krankenkassen gehen), also die zur Kostendeckung zur Verfügung stehenden 6,35 Euro, prozentual praktisch keine Rolle. Der große Preisunterschied zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis kommt so also nur bei geringpreisigen Medikamenten zum Tragen.

 

 

Zuletzt aktualisiert am durch Prof. Dr. Stefan Georg